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Vom Kompetenzerwerb zur Kompetenzförderung

1. Vom Kompetenzerwerb zur Kompetenzförderung

Je nachdem, ob instruktivistische oder konstruktivistische Lernkonzepte forciert werden, beeinflusst dies auch die Kompetenzerwerbsprozesse. Da Kompetenzerwerb immer ein Wechselspiel zwischen "objektiven Situationsanforderungen" und "subjektiven Befähigungen" ist (ebd.), bedeutet das für das pädagogisch-didaktische Handeln von Lehrkräften, dass in der Kompetenzvermittlung diese beiden Ebenen gleichermaßen berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören einerseits die objektorientierten Interventionen, die sich auf die Gestaltungsmöglichkeiten von Situationen und Bedingungen beziehen, die "die Entwicklung des Menschen zur eigenverantwortlichen Persönlichkeit ermöglichen oder wenigstens nicht behindern" (ebd.), und andererseits die subjektorientierten Interventionen, unter denen persönliche Verhaltensweisen zu verstehen sind, die es zu verändern gilt, um Ziele zu erreichen, wie in diesem Fall die Förderung von Kompetenzen bei Lernenden. Um die Prozesse der Kompetenzentwicklung für ein, wie Jung es nennt, "zeitgemäßes schulisches Lehren und Lernen" zu fördern, braucht es drei wesentliche Voraussetzungen: "a) eine fundierte Wissensbasis, b) eine sinnbezogene Lernabsicht und c) einen verständnisorientierten Unterricht" (Jung, 2010, 150; nach Weinert, 1998, S. 108-109). Explizite, kompetenzorientierte Lehr-Lernarrangements, die dem didaktischen Prinzip der Kompetenzorientierung folgen, verzahnen daher Anforderungen und Zielsetzung der Kompetenzförderung mit methodischen Herangehensweisen. Konkret stellen sich nach Jung (2010: 156; nach Jung 2008: 194f.) folgende Anforderungen an solche kompetenzorientierten Lehr-Lernszenarien:

  • basieren auf motivationalen und volitionalen Aspekten,
  • entwickeln sich anhand wahrgenommener Herausforderungen, die das Individuum gemäß eigener Ziele, Wünsche und Interessen zu regulieren versucht,
  • beinhalten Möglichkeiten auf vorhandenes Wissen und Können zurückzugreifen und gegebene Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu nutzen, zu erproben und weiter zu entwickeln,
  • ermöglichen einen weitgehend eigenständigen Wissens- und Könnenserwerb
  • lassen Lernenden strategische Formen der Zielerreichung und des Handlungsvollzugs entwickeln und erproben, um damit Erfahrungen zu sammeln und zu nutzen,
  • geben Freiräume, Entscheidungen zu treffen und diese zu überprüfen,
  • ermöglichen es, im Rahmen domänenbezogener Möglichkeiten, Prozesse des Kompetenzerwerbs, den Grad der Zielerreichung und den Einbezug von Normen und Werten kritisch zu reflektieren

Anmerkung


Wenn wir nun zurück auf den gewählten Teilkompetenzbereich "4.2. Lern-Evidenzen analysieren" schauen, stellt sich zunächst die Frage, welche Kompetenzen konkret erwerben sollten. Insbesondere, da dieser Kompetenzbereich aus dem DigCompEdu stammt, der sich ja explizit an Lehrkräfte richtet, ist dies nicht immer so einfach zu beantworten. Betrachten wir allerdings den Kern der Kompetenzbeschreibung, nämlich, dass anhand von erhobenen, analysierten und interpretierten Daten Lernprozesse nachvollzogen werden können, um diese durch gezielte Unterrichtsplanung unterstützen zu können, wird der Bezug und die Relevanz für Lernende schnell deutlich. Oftmals sind sich diese ihrer eigenen Lernprozesse nicht direkt bewusst, sodass hier eine Chance darin liegen könnte, das Thema der Lern-Evidenzen nicht nur aus Lehrenden-Sicht zu betrachten, sondern auch die Perspektive der Lernenden zu berücksichtigen. Gerade im Bereich der Portfolio-Arbeit gibt es schon konkrete Ansätze, in denen aufgezeigt wird, wie Lernende selbst ihre Lernprozesse dokumentieren, evaluieren und reflektieren können. Insofern soll es in dem von uns gewählten Beispielkompetenzbereich in diesem Modul darum gehen, wie Lernende sich einerseits selbst mit Lern-Evidenzen auseinandersetzen können und andererseits, welche Möglichkeiten es für Lehrkräfte geht, diese Kompetenzentwicklung zu unterstützen und zu fördern.


Ein Aspekt, der im Kontext von Kompetenzerwerb, Kompetenzentwicklung und Kompetenzvermittlung immer wieder auftaucht, ist der der Kompetenzmessung. Wie in vielen formalen Bildungszusammenhängen stellt sich auch in Bezug auf Medienkompetenz die Frage nach der Messung der erworbenen Kompetenzen: "Mit der schulischen Aufgabe der Kompetenzentwicklung drängt sich aber gleichzeitig die Frage auf, wie die Zielerreichung, also der Kompetenzstand von Schülerinnen und Schülern, bestimmt werden kann." (Herzig & Martin, 2018, S. 131) Grundsätzlich gibt es jedoch vier verschiedene Formen, Kompetenzen zu bewerten (Gnahs, 2007, S. 51-52):

  • Zertifizierung
  • Beurteilung
  • Selbsteinschätzung
  • Bescheinigung

Dabei variieren diese zwischen formalen, an standardisierten Tests orientierten Fremdeinschätzungen und individuellen Selbsteinschätzungen. Alle stellen jedoch valide Möglichkeiten dar, Kompetenzen zu messen.

Aufgabe - Jetzt bist du dran


Lest den Text "Erfassung und Messbarkeit von Medienkompetenz als wichtige Voraussetzung für politische Bildung" von Herzig und Martin und reflektiert, welche Möglichkeit der Kompetenzmessung für Euch am sinnvollsten erscheint. Bitte begründet Eure Einschätzung.