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Kraft

2. Grundlagen

2.4. Zulässige Operationen

Zulässige Operationen bei Kräften

Es gibt gewisse Operationen, die du mit Kräften durchführen kannst, ohne dass sich die "Wirkung nach außen" ändert.

Bevor wir uns überlegen können, was überhaupt Operationen sind, die man mit Kräften durchführen kann, müssen wir uns erstmal anschauen, was mit "Wirkung nach außen" gemeint ist. Nur dann können wir verstehen, warum gewisse Operationen erlaubt sind und andere nicht. 

Mit "Wirkung nach außen" ist gemeint, dass sich -obwohl man eine Operation mit einer Kraft ausführt- am Gesamtverhalten des Systems nichts ändert: Die Lagerreaktionen bleiben also gleich. 

Wenn du ganz neu im Bereich Mechanik unterwegs bist, solltest du an dieser Stelle erst die Kapitel "Freischneiden & Actio=Reactio" sowie "Gleichgewichtsbedingungen" durcharbeiten, damit du alles im Folgenden verstehen kannst. 

Oder du machst auch ohne Kenntnis dieser beiden Kapitel hier erst einmal weiter und kommst nachdem du die beiden Kapitel erarbeitet hast, ein zweites Mal hierher zurück.

Wenn du dich schon mal mi Gleichgewichtsbedingungen beschäftigt hast, sollten dir die folgenden Darstellungen hoffentlich schnell einleuchten.

Machen wir es konkret: Was kannst du mit der Kraft in den beiden folgenden Systemen 'anstellen', ohne dass sich die Lagerreaktionen (Beträge und Richtungen) verändern?

Ausgangssysteme mit Kräften

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Wenn das Kriterium für erlaubte Kräfteoperationen ist, dass sich die Lagerreaktionen nicht ändern dürfen, müssen die Lagerreaktionen erstmal durch Freischneiden sichtbar gemacht werden. Das Ergebnis für die beiden Systeme sieht so aus:

Freikörperbilder der Ausgangssysteme

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Damit leichter zu überblicken ist, welche Kräfte die ursprüngliche Belastung und welche die Lagerreaktionen sind, wurden die Lagerreaktionen ausnahmsweise in hellblau dargestellt.

Wenn die äußeren Kräfte \( F_1 \) und \( F_2 \) entlang ihrer Wirkungslinie verschoben werden, ändert das nichts an den Lagerreaktionen.

Kräfte verschoben entlang ihrer Wirkungslinien

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Verschieben einer Kraft entlang ihrer Wirkungslinie ist also eine zulässige Operation, da sich die Wirkung nach außen dadurch nicht ändert.
Und was ist mit dem Verschieben parallel zur Wirkungslinie? Das ist ja die logische nächste Frage. Schauen wir uns das anhand des rechten Systems einmal an. Wenn du beim rechten System die Kraft \( F_2 \) z.B. nach rechts verschieben würdest, dann sähe das so aus:

Kraft parallel verschoben zu ihrer Wirkungslinie

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An der Richtung der beiden Lagerreaktionen ändert sich durch das Parallelverschieben der Kraft \( F_2 \) nichts. Aber haben sie wirklich noch den Betrag \( \frac{F_2}{2} \)? Die Frage kannst du ganz einfach mit Nein beantworten. Stell dir vor, dass die Kraft \( F_2 \) ganz ans rechte Ende des Balkens veschoben wäre. Dann wäre die linke Lagerkraft null und die rechte Lagerkraft hätte den Betrag \( F_2 \). Das parallele Verschieben von Kräften ist also KEINE zulässige Operation für Kräfte, da sich die Wirkung nach außen hin verändert. 
(Spoiler: wenn man zusätzlich zum Parallelverschieben der Kraft ein geeignetes Moment einführt, ist die Welt 'nach außen' wieder in Ordnung. Aber dazu mehr im Abschnitt 'Moment')

Die nächste zulässige Operation für Kräfte ist das Addieren von Nullvektoren.

Nullvektoren addieren

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Für die praktische Anwendung ist diese Operation sicherlich nicht so relevant. Für die Betrachtungen im Zusammenhang mit der Momentwirkung von Kräften ist sie allerdings essentiell. Das wirst du im Kapitel Moment merken.


Bei der Betrachtung von mechanischen Systemen werden diese zwei zulässigen Operationen ständig verwendet: Das Addieren und Zerlegen von Kräften mit gemeinsamem Angriffspunkt.

Schauen wir uns zunächst das Addieren genauer an. Die folgenden drei Aussagen für die Kräfte \( \vec{F}_1 \), \( \vec{F}_2 \), die einen gemeinsamen Angriffspunkt haben, und ihre resultierende Kraft \( \vec{F}_{res} \) sind identisch:

  1. Die Kräfte \( \vec{F}_1 \) und \( \vec{F}_2 \) greifen an einem Punkt an. Ihre Wirkung ist identisch der Wirkung der resultierenden Kraft \( \vec{F}_{res} \), wenn \( \vec{F}_{res} \) aus der Parallelogramm-Konstruktion bestimmt wird.
  2. \( \vec{F}_1 + \vec{F}_2 = \vec{F}_{res} \)

Addition von Kraftvektoren mit gemeinsamem Angriffspunkt: Konstruktion der resultierenden Kraft mittels Parallelogramm-Regel

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Die Umkehrung gilt natürlich auch: eine Kraft kann in zwei Kräfte mit demselben Angriffspunkt zerlegt werden, wenn die Parallelogramm-Regel verwendet wird. Diese Form der Kraftzerlegung kennst du vielleicht schon aus einer ganz praktischen Anwendung: Wenn sich ein Fahrzeug festgefahren hat, kannst du es mit einem weiteren Fahrzeug, das die Kraft \( \vec{F} \) aufbringt, freischleppen. Oder du verwendest zwei Fahrzeuge oder auch Seilwinden, die die Kräfte \( \vec{F}_1 \) und \( \vec{F}_2 \) aufbringen und zwar so, das die resultierende Kraft \( \vec{F}_{res} \) wieder genau \( \vec{F} \) ist.

Anwenden der Kraftzerlegung beim Freischleppen eines Fahrzeugs

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Bei der Betrachtung von mechanischen Systemen verwenden wir diese Zerlegung wirklich sehr oft. Meist werden Kräfte in ihre Komponenten bezüglich eines gegebenen Koordinatensystem zerlegt. Und da die Achsen dieses Koordinatensystems senkrecht zueinander stehen, sieht die Zerlegung dann so aus:

Zerlegung eines Vektors in seine Komponenten im karthesischen Koordinatensystem

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Zusammenfassung - Das Wichtigste in Kürze

Operationen mit Kräften, die die Wirkung nach außen nicht verändern

Zusammenstellung von Operationen mit Kräften ohne Veränderung der Wirkung nach außen

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Du möchtest schon ein bisschen weiterdenken? Dann gibt es ausnahmsweise am Ende eines Abschnitts noch ein Video.