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Kompetenzfördernde Angebote

3. Eigene Angebote entwickeln

Nachdem wir uns in der vorherigen Lerneinheit einen Überblick über bestehende Angebote für die Förderung des Kompetenzerwerbs verschafft haben, geht es in dieser Lerneinheit darum, eigene Angebote zu entwickeln, um identifizierte Leerstellen in den bestehenden Angeboten zu füllen.

Unsere Recherche nach freien Lehr-Lernmaterialien hat uns erste interessante Ergebnisse gezeigt, wie vor allem mittels Quiz-Einsatzszenarien Lern-Evidenzen erhoben werden können. Die auf Basis dessen unterrichtsbegleitend gewonnenen Erkenntnisse zum Wissens- bzw. Lernstand an sich befähigen Schülerinnen und Schüler jedoch noch nicht hinreichend, aus den erhobenen Daten Schlüsse für sich und ihr zukünftiges Lernverhalten zu ziehen.

Im Anschluss an unsere Suche nach Angeboten für den Teilkompetenzbereich "Lern-Evidenzen analysieren" identifizieren wir den Bedarf nach neuen Angeboten für die entsprechende Kompetenzentwicklung bei Lernenden. Der unter dem Begriff der Lern-Evidenzen zu subsumierende Prozess von der Sammlung von Daten zu Lernprozessen über die Analyse dieser bis hin zur Interpretation dieser Erkenntnisse ist somit in einem neuen Medienangebot für Schüler:innen grundsätzlich zu vermitteln.

Da wir feststellen, dass es bei der Entwicklung eines entsprechenden Medienangebots stärker um eine sehr grundsätzliche Aufklärung und Sensibilisierung von Lernenden für die Analyse von Lern-Evidenzen geht, überlegen wir uns, mit welchem digitalen Medium sich dies bestmöglich umsetzen lässt. Unsere bisherige Auseinandersetzung mit dem Teilkompetenzbereich "4.2. Lern-Evidenzen analysieren" des DigCompEdu im dritten und vierten Modul fokussierte insbesondere bei der Angebotsaufbereitung auf Lehrende, in unserem Fall besonders auf die Zielgruppe (angehender) Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst an allgemeinbildenden Schulen in der Sekundarstufe II. Wenn es also in diesem letzten Modul um die Kompetenzentwicklung bei Schüler:innen geht, müssen wir uns fragen, wie die Kompetenzentwicklung bei Schüler:innen zur Analyse ihrer Lern-Evidenzen erfolgen kann.

Dabei müssen wir einen Perspektivwechsel vollziehen: von den Kompetenzen, die wir als Lehrkräfte brauchen, zu den Kompetenzen, die Schüler:innen erwerben. Da sich der DigCompEdu an Lehrkräfte richtet, sind die für Schüler:innen relevanten Kompetenzen dort nicht explizit benannt, sondern müssen für dieses Modul erst einmal antizipiert werden. Diesen Perspektivwechsel führen wir in einem Rollenspiel durch bei dem eine Person die Lehrkraft und eine Person ein:e Schüler:in spielt. Dafür überlegen wir uns eine konkrete Unterrichtssituation:

Wir befinden uns im Unterrichts des Fachs Deutsch in der 10. Klassenstufe in der Themeneinheit Gedichtinterpretation. Die Lehrkraft gibt den Schüler:innen über einen Monat hinweg mehrere Gedichte vor, die anhand der zuvor gelernten Techniken interpretiert werden sollen. Jede Aufgabe wird auf dem Schulserver hochgeladen und halb-automatisiert ausgewertet. Am Ende des Monats wird zusätzlich eine Klassenarbeit geschrieben, in der die Schüler:innen ein neues Gedicht interpretieren müssen. Auch diese Leistungen werden von der Lehrkraft in das Lernmanagementsystem eingepflegt. 

Als Lehrkraft erhebe ich durch die verschiedenen Leistungsnachweise Daten über die Lernprozesse der Schüler:innen. Diese Daten gebe ich in Excel ein und lasse mir diese in einem Graphen anzeigen, der die Entwicklung des Lernprozesses der Schüler:innen im zeitlichen Verlauf zeigt. So kann ich einerseits die Lernprozesse der Schüler:innen nachvollziehen und andererseits konkrete Interventionen entwickeln, um die Schüler:innen noch besser bei der Gedichtinterpretation zu unterstützen. 

Als Schüler:in arbeite ich nacheinander an den Interpretationen der bereitgestellten Gedichte und stelle meine Ergebnisse für die Lehrkraft bereit. Da wir von der Lehrkraft angehalten wurden, zusätzlich zu der reinen Bearbeitung der Aufgaben unserem Lernprozess auch zu dokumentieren, recherchiere ich zunächst mit verschiedenen Suchmaschinen nach den Möglichkeiten. Dabei finde ich einen Beitrag zur Portfolioarbeit im Deutschunterricht auf ZUM-Unterrichten. Diesen nehme ich mir als Beispiel und dokumentiere meinen Lernprozess, reflektiere diesen und bewerte meine verschiedenen Gedichtinterpretation. Am Ende der Themeneinheit bekomme ich von der Lehrkraft ein Feedback zu meinem Lernprozess und kann diesen mit meinem Portfolio vergleichen, um zu verstehen, wie ich gelernt habe, was mir leicht fiel und wo noch Lücken sind.

Nachdem wir diesen Perspektivwechsel durchgeführt haben, stellt sich für uns allerdings die Frage, wie wir Schüler:innen dabei unterstützen können, selbst Kompetenzen für die Analyse von Lern-Evidenzen zu erwerben. Diese Frage stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir bisher wenig konkrete Angebote finden konnten, die sich für die Kuration dessen eigneten. Um jugendliche Schüler:innen möglichst mit einem ansprechend und zeitgemäß aufbereiteten Medium für die Bedeutung sowie Möglichkeiten der Analyse ihrer Lern-Evidenzen zu sensibilisieren, finden wir ein Erklärvideo als Format grundsätzlich geeignet. Bei der Wahl der konkreten Gestaltung eines Erklärvideos erinnern wir uns an die 18 sehr unterschiedlichen, im dritten Modul skizzierten Formate für online-gestützte Lernvideos. Insbesondere für die Zielgruppe von Schüler:innen der Sekundarstufe II an allgemeinbildenden Schulen finden wir animierte Erklärvideos besonders spannend.

Um das Format für die Erklärung des (Teil-)Kompetenzbereichs für Schüler:innen in Form eines ansprechenden Erklärvideos zu entwickeln, können verschiedene digitale Tools genutzt werden. Wir erinnern uns an den Hinweis aus dem dritten Modul zu Portalen für Lehrkräfte für die Nutzung von digitalen Tools für schulische Einsatzzwecke. Eine dieser bereits empfohlenen Plattformen ist das digital.learning.lab, einem Kompetenzzentrum für die Unterrichtsentwicklung in digitalen Zeiten, in dem unter anderem Tools vorgestellt und anhand verschiedener Kriterien beschrieben werden. Die Übersicht über verschiedene Tools im digital.learning.lab findet ihr unter https://digitallearninglab.de/tools.

Auf der Suche nach einem passenden Tool für das Erstellen eines Erklärvideos werden wir direkt im digital.learning.lab fündig. Das Tool mysimpleshow scheint unseren Ansprüchen zu genügen und bietet eine kostenlose Basisversion mit den Grundfunktionen. Um uns in der Gruppe die Arbeit zur Erstellung des Erklärvideos aufzuteilen, überlegen wir uns, was die zentralen Arbeitspakete dafür sein werden. Über eine Internetsuchmaschine wie DuckDuckGo oder Google suchen wir nach Anleitungen für das Tool mysimpleshow. Eine direkt gefundene Anleitung des Blogs kritzelblog untergliedert den Arbeitsprozess zur Erstellung eines Erklärvideos mit mysimpleshow in 5 Schritte und gibt am Ende sogar Hinweise, wie eine Videoerstellung im Team möglich ist: 

  • Schritt 1: Projekt anlegen 
  • Schritt 2: Die Struktur des Erklärvideos 
  • Schritt 3: Die Texteingabe 
  • Schritt 4: Bebildern des Videos 
  • Schritt 5: Fertigstellen und Audio hinzufügen 
Teilt man sich die Arbeit auf zwei Personen auf, ist für jede der beiden Personen für ein Video im Umfang von etwa 3 Minuten jeweils mit mindestens 4 Stunden Aufwand zu rechnen. Für das Skript als zentrales Arbeitspaket (Schritt 2 und 3) für die eine Person sind etwa 3-4 Stunden plus späteres Feedback zum Videoentwurf zu rechnen und die weitere Person, die für das Entwickeln des Videos im Tool selbst verantwortlich ist (Schritt 1, 4 und 5) sind mit schneller Einarbeitungszeit mindestens 4 Stunden Bearbeitung bis zur Veröffentlichung zu rechnen. 

Wir machen uns zunächst also an die Erstellung des Skriptes. Dafür gehen wir zurück zu unserem Rollenspiel, mit dem wir den Perspektivwechsel durchgeführt haben, und überlegen, welche Informationen Schüler:innen brauchen, um eine solche Reflexion des Lernprozesses mit dem Ziel der Analyse von Lern-Evidenzen durchführen zu können, um eben jene Kompetenzen erwerben zu können. In dem Rollenspiel stellen wir uns jetzt also vor, dass die Lehrkraft den Schüler:innen erklärt, welche Rolle Lern-Evidenzen spielen können. Das Rollenspiel führen wir dabei zweimal durch, sodass wir zwei Erklärungen haben. Anschließend legen wir beide Erklärungen nebeneinander und fügen beide zusammen. Zum Schluss gehen wir den Text, der das Skript für unser Erklärvideo bildet, noch einmal durch und prüfen, ob die verwendete Sprache auch angemessen ist für die von uns gewählte Zielgruppe. Für 3 Minuten langsam gesprochenes Video rechnen wir mit etwa 1/2 bis 2/3 Seite. Das fertige Skript sieht dann so aus:

Skript für das Erklärvideo


Lernevidenzen analysieren - was ist damit gemeint und wieso ist das für mich als Schüler oder Schülerin relevant?
Da Schule eine Bildungseinrichtung ist, wird das, was man gelernt hat, oft gemessen. Das zeigt sich natürlich am meisten in Noten, die man für Arbeiten, Tests oder Referate bekommt. Dabei wird an einem ganz bestimmten Tag abgefragt, was man weiß und kann. Was mit diesen Noten allerdings nicht beachtet wird ist die Entwicklung eines jeden Einzelnen. Schließlich ist Lernen immer ein Prozess, in dem man sich inhaltlich in den einzelnen Fächern, aber auch persönlich weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass Lernen ganz unterschiedlich ablaufen kann. Jeder Mensch lernt anders, in einem anderen Tempo, in einem anderen Rhythmus, in einer anderen Intensität. Lern-Evidenzen sollen genau dies sichtbar machen: Indem man sich nicht nur das Ergebnis, wie zum Beispiel einer Arbeit oder einem Test anguckt, sondern auch den Weg dorthin, soll besser auf die individuellen Möglichkeiten und Voraussetzungen eingegangen werden können.
Aber warum ist das für Dich als Schülerin oder Schüler von Bedeutung?
Auch wenn es in Schule oftmals so ist, dass Dein Lernen, Dein Wissen und Können von Deinen Lehrerinnen und Lehrern bewertet wird, bedeutet das nicht, dass Du Dir nicht auch selbst Deinen Lernprozess angucken kannst. Zu verstehen, wie Du selbst lernst, kann Dir ungemein helfen, die für Dich passenden Strategien zu finden.
Um den Lernprozess erst mal begreifen zu können, wird dieser anhand von Daten gemessen. Diese Daten nennt man Lern-Evidenzen. Dabei können diese ganz unterschiedlich aussehen. Auch Tests, Arbeiten und Referate gehören dazu, aber nicht nur mit der Note, die Du am Ende bekommst. Bei Lern-Evidenzen wird genauer hingeguckt und geschaut, was Du schon gut kannst und was Du schon gelernt hast, und an welchen Stellen Du Dich verbessern kannst. Was Das genau ist, kann ganz unterschiedlich sein. In einem Fach wie Deutsch kann es zum Beispiel sein, dass du Romane und Gedichte grundsätzlich sehr gut interpretieren kannst, aber noch Schwierigkeiten hast, Dich in schriftlichen Arbeiten richtig auszudrücken. Wenn man sich hier ausschließlich die Note angucken würde, würde man Deine Stärken in der Gedichtinterpretation gar nicht erkennen, sondern nur Deine Schwierigkeiten im Ausdruck sehen. Darin zeigt sich auch, dass Daten zu Lernprozessen nicht immer nur Noten bedeuten, sondern viel mehr sind und viel tiefer gehen. Auch selbst kannst Du Deinen Lernprozess sozusagen messen. Zum Beispiel indem du ein Lerntagebuch führst. Ein Lehrtagebuch ist im Grunde das Gleiche wie ein normales Tagebuch, nur, dass du hier deinen Lernprozess reflektierst: Was fiel Dir in einer bestimmten Aufgabe in einem bestimmten Fach leicht, was vielleicht nicht? Was hast du schnell verstanden, wo hat es vielleicht länger gedauert? Wenn Du das regelmäßig aufschreibst, kannst Du Dir, zum Beispiel am Ende eines Halbjahres nochmal alle Tagebucheinträge angucken und vielleicht bestimmte Muster darin erkennen, was Dir, unabhängig vom einzelnen Unterrichtsfach, leicht viel und du schnell gelernt hast und was nicht. Vielleicht kannst Du anhand dieser Muster ja sogar verstehen, warum Dir manche Aufgaben, Themen oder Fächer leichter fallen und so schauen, was Du davon auch auf das übertragen kannst, was Dir Schwierigkeiten bereitet. Dieser gesamte Prozess von der Sammlung von Daten zu Lernprozessen über die Analyse dieser bis hin zur Interpretation dieser Erkenntnisse fällt unter den Begriff Lern-Evidenzen.

Anschließend laden wir das Skript in das Tool mysimpleshow und bearbeiten die uns dort vorgeschlagenen Visualisierungen nach:

Nachdem wir alle Visualisierungen passend zum erzählten Text integriert haben und nach Abspielen des Videos im Entwurf als Gruppe zufrieden sind, finalisieren wir das Video durch Angabe von Metadaten und veröffentlichen das Video:

Nachdem wir das Erklärvideo fertiggestellt haben, schauen wir uns das finale Produkt an und korrigieren das Skript an Stellen, wo es im Video nicht ganz passend ist. Auch holen wir uns Feedback von befreundeten Lehrkräften, um auch hier noch einmal Feedback zu erhalten, ob wir mit unserem Erklärvideo das erreichen können, was wir uns zum Ziel gesetzt haben. Als Gruppe freuen wir uns über unser Erklärvideo, das Schüler:innen möglichst leicht verständlich in wenigen Minuten dafür sensibilisiert, welche Gründe und Möglichkeiten es für die Analyse ihrer eigenen Lern-Evidenzen gibt. Das Video steht am Ende öffentlich zur Verfügung und kann auch von anderen Lehrkräften genutzt und im Unterricht eingesetzt werden:

Unser Erklärvideo für die Vermittlung der Bedeutung des Teilkompetenz 4.2 des DigCompEdu "Lern-Evidenzen analysieren" kann hier von Schüler:innen angeschaut werden:

Hier geht es zum Video.

Den Transfer zu schaffen zwischen den Kompetenzen, die Lehrkräfte für ihr eigenes medienbezogenes Handeln benötigen, und denen, die benötigt werden, um Schüler:innen entsprechend in ihrem Kompetenzerwerb zu unterstützen, ist gar nicht so einfach. Um Letztere konkret definieren zu können, muss zunächst identifiziert werden, wie der Kompetenzerwerb bei Schüler:innen gestaltet sein muss. Dafür kann es helfen, die Rahmenlehrpläne vor dem Hintergrund von medienbezogenen Kompetenzbereichen zu untersuchen.

Recherchiere dafür bitte den Rahmenlehrplan für eines deiner Studienfächer in einer gewählten Klassenstufe und prüfe, an welchen Stellen der in deiner Gruppe gewählte Teilkompetenzbereich hier sinnvoll integriert werden kann. Einen Vorschlag zum konkreten Vorgehen findest du in der TUHH-Cloud. Der Beitrag soll insgesamt 400 - 600 Wörter umfassen. Bitte achte auf eine korrekte Zitation externer Quellen.