3.1 Urheberrecht
Wer "besitzt" einen KI-generierten Text? Rechtliche Klarheit ist gerade im Hochschulkontext unerlässlich.
Der Einsatz generativer KI-Systeme an Hochschulen wirft komplexe urheberrechtliche Fragen auf. Insbesondere bei KI-Modellen, die Texte, Bilder, Musik oder Code erzeugen, ist unklar, wem die daraus resultierenden Inhalte gehören. In der Europäischen Union ist bislang keine spezielle urheberrechtliche Regelung für KI-generierte Inhalte in Kraft.
Nach deutschem Urheberrecht (§ 7 UrhG) genießen rein KI-generierte Inhalte grundsätzlich keinen Schutz, da ihnen eine menschlich-gestalterische Schöpfung fehlt. Das Urheberrecht setzt eine "persönliche geistige Schöpfung" voraus.
Schutz ist jedoch denkbar, wenn ein Mensch die KI als Hilfsmittel nutzt und dabei eine erhebliche geistige Eigenleistung erbringt. Dies kann durch umfassende Bearbeitung, starke Veränderungen oder die Eingabe sehr origineller, detaillierter Prompts geschehen, sodass der menschliche Anteil prägend für das Ergebnis wird. Einzelne Wörter oder knappe Wortfolgen in Prompts sind in der Regel nicht schutzfähig.
Wann können ander den KI-Output übernehmen?!
Besteht kein menschliches Urheberrecht am KI-generierten Werk, ist es grundsätzlich gemeinfrei und frei nutzbar.
Wichtige Einschränkungen:
- Nutzungsbedingungen der KI-Anbieter: Die AGBs der KI-Anbieter (z.B. OpenAI) legen fest, wie der Output genutzt werden darf, auch kommerziell.
- Risiko von Urheberrechtsverletzungen durch Trainingsdaten: KI-Systeme werden mit urheberrechtlich geschütztem Material trainiert. Der KI-Output könnte unbeabsichtigt geschützte Inhalte Dritter enthalten. Die Verantwortung dafür liegt beim Nutzenden.
- Akademischer Kontext (Hochschulen): Hochschulen fordern in der Regel eine Kennzeichnungspflicht für die Nutzung von KI-Tools in studentischen Arbeiten. Studierende müssen die verwendeten Prompts und Outputs dokumentieren.
Das müssen Hochschulen vor dem Einsatz von KI-Tools prüfen
Viele KI-Systeme stehen jedoch selbst auf einem rechtlich fragilen Fundament. Sie basieren auf umfangreichen Datensätzen, die urheberrechtlich geschützte Werke enthalten können. Dies betrifft sowohl Trainingsdaten (z. B. aus wissenschaftlichen Publikationen, Lehrbüchern oder Bilddatenbanken) als auch nutzendengenerierte Inhalte im Systembetrieb. Hochschulen, die KI-Systeme nutzen oder entwickeln, müssen daher auf mehreren Ebenen rechtlich prüfen:
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Trainingsdaten: Wurden urheberrechtlich geschützte Werke ohne Lizenz verarbeitet? Gibt es Nutzungsrechte für die Datenbasis? Bei Verwendung von Open Educational Resources (OER) ist auf korrekte Lizenznennung (z. B. CC-BY) zu achten.
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Generierte Inhalte: Sind diese urheberrechtlich relevant? Falls ja, wem stehen die Nutzungsrechte zu – der Hochschule, der KI-Anbieterfirma, den Nutzenden?
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Vertragsrecht: Bei Nutzung kommerzieller KI-Dienste sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Lizenzbedingungen der Anbieter zu prüfen – insbesondere zu Fragen der Rechteübertragung, Haftung und Weiterverwertung.
Für Hochschulen bedeutet das:
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Bei der Erstellung von Lehrmaterialien mithilfe generativer KI sollten Dozierende sorgfältig prüfen, ob die Inhalte auf geschützten Quellen basieren oder ob eine freie Weiternutzung möglich ist.
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In Studien- und Prüfungsleistungen muss geklärt sein, welche Textpassagen eigenständig verfasst wurden und welche mithilfe von KI entstanden sind. Eine entsprechende Kennzeichnungspflicht kann in Prüfungsordnungen oder Verhaltensrichtlinien verankert werden.
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Bei der Entwicklung eigener KI-Modelle oder beim Trainieren von Modellen (z.B. für Forschungszwecke) muss lückenlos dokumentiert werden, welche Daten verwendet wurden und auf welchen rechtlichen Grundlagen dies geschah.
Zudem ist zu beachten, dass nicht nur das deutsche Urheberrecht, sondern auch internationale Abkommen (z.B. Berner Übereinkunft, TRIPS-Abkommen) oder europäische Richtlinien (wie die DSM-Richtlinie 2019/790) eine Rolle spielen können. Letztere enthält unter anderem Sonderregeln zum sogenannten Text- und Data Mining (§ 44b UrhG), die auch für die Forschung an Hochschulen relevant sind. Demnach dürfen Werke zu Forschungszwecken unter bestimmten Voraussetzungen automatisiert ausgewertet werden – allerdings nur, wenn der/die Rechteinhaber:in dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.
Handlungsempfehlungen für Hochschulen
- Lehrmaterialien: Sorgfältig prüfen, ob Inhalte auf geschützten Quellen basieren oder frei nutzbar sind
- Studien- und Prüfungsleistungen: Eigenständige und KI-generierte Textpassagen kennzeichnen. Kennzeichnungspflicht in Prüfungsordnungen verankern
- Eigene KI-Modelle: Lückenlos dokumentieren, welche Daten verwendet wurden und auf welchen rechtlichen Grundlagen dies geschah
- Internationale Abkommen und europäische Richtlinien beachten: DSM-Richtlinie 2019/790 und Text- und Data Mining (§ 44b UrhG) berücksichtigen. Werke dürfen zu Forschungszwecken unter bestimmten Voraussetzungen automatisiert ausgewertet werden – Rechteinhaber:in darf dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen haben.
- Leitlinien entwickeln: Eigene Leitlinien zum Umgang mit KI-generierten Inhalten erstellen
- Schulungen: Lehrende, Forschende und Studierende regelmäßig zu urheberrechtlichen Fragestellungen schulen
- IT-, Rechts- und Mediendienste einbinden: Enge Zusammenarbeit mit den entsprechenden Abteilungen
- Plattformen prüfen: Sicherstellen, dass auf öffentlich zugänglichen Plattformen nur rechtlich abgesicherte KI-Inhalte verwendet werden
Fazit: Keine Rechte Dritter verletzen, aber Innovation zulassen
Ein reflektierter und rechtssicherer Umgang mit dem Urheberrecht ist entscheidend, um Innovation zu ermöglichen, ohne Rechte Dritter zu verletzen oder rechtliche Risiken für die Hochschule zu schaffen.
KI-Verordnung und Urheberrecht: Prof. Dr. Achim Förster (Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt) vom 12.03.2025, zum Video
Präsentation (PDF) zum Video https://www.mmkh.de/fileadmin/veranstaltungen/netzwerk_landesinitiativen/KI-Verordnung/2025-03-12_KI-VO_foerster.pdf
💡 Lernzusammenfassung Kapitel 3.1: Urheberrecht und KI
- Keine Urheberrechte an rein KI-generierten Inhalten: Inhalte, die ohne menschliche schöpferische Mitwirkung von KI erzeugt wurden, sind urheberrechtlich nicht geschützt. Hochschulen sollten daher transparent machen, wie Inhalte entstehen – insbesondere in Lehre und Prüfungen.
- Rechtssichere Nutzung von Trainingsdaten und KI-Diensten: Es muss geprüft werden, ob KI-Modelle auf urheberrechtlich geschützten Werken basieren und ob für kommerzielle KI-Dienste klare Lizenzbedingungen bestehen. OER-Inhalte sind korrekt zu kennzeichnen (z. B. mit CC-BY).
- Verantwortung in Lehre, Forschung und Entwicklung: Hochschulen sollten eigene Leitlinien zum KI-Urheberrecht etablieren, Studierende und Lehrende schulen sowie bei Entwicklung und Einsatz von KI die verwendeten Daten und Rechte lückenlos dokumentieren.
KI-Verordnung – was nun? Herausforderungen des AI Acts für Hochschulen
Online-Fachveranstaltung vom 12.03.2025
MMKH und elan e.V. in Kooperation mit HND-BW, VCRP, vhb und NeL; gefördert von StIL
https://www.mmkh.de/digitale-lehre/netzwerk-landesinitiativen/ki-verordnung