1.1 Grundlagen: Wie KI arbeitet
Was passiert, wenn Maschinen plötzlich Texte, Bilder oder Musik erschaffen? Willkommen in der Welt der generativen KI!
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Sammelbegriff für Technologien, die Aufgaben übernehmen, die bislang menschliche Intelligenz erforderten wie Sprache verstehen, Bilder erkennen oder Entscheidungen treffen.
Bereits 1950 schlug Alan Turing einen Maßstab für maschinelle Intelligenz vor: Ein System gilt als intelligent, wenn ein Mensch im Gespräch nicht mehr unterscheiden kann, ob er mit einer Maschine oder mit einem Menschen spricht. Doch mit Entwicklungen wie KI-Chatbots à la ChatGPT verschiebt sich dieses Verständnis laufend. Die Messlatte für das, was als "echte" Künstliche Intelligenz verstanden wird, wird ständig nach oben verschoben – sodass KI nie als wirklich "intelligent" angesehen wird. Dieses Phänomen beschreibt der Ausdruck moving goalpost ("beweglicher Torpfosten"). Wenn jemand während des Spiels die Torpfosten verschiebt, kann kein Spieler/keine Spielerin mehr ein Tor treffen, egal wie gut er/sie spielt. Deshalb ist der Turing-Test heute umstritten.
Maschinelles Lernen – das Fundament moderner KI
Ein zentraler Teilbereich der KI ist das Maschinelle Lernen (ML). Hierbei erkennen Algorithmen selbstständig Muster in Daten und verbessern ihre Leistung mit jeder neuen Information. Anders als bei klassischen Programmen wird das Verhalten nicht im Detail vorgegeben, sondern durch Erfahrung optimiert.
Die Grundlage dafür bilden Trainingsdaten: strukturierte (z. B. Tabellen oder JSON-Dateien – JSON steht für Java Script Notation) oder unstrukturierte Daten (z. B. Texte, Bilder, Audio). Je nach Anwendungsfeld und Algorithmus werden verschiedene Datenformen verwendet.
Wenn Vorurteile in den Code rutschen: Bias
Ein zentrales Problem beim Maschinellen Lernen sind systematische Verzerrungen, die auch als Bias bezeichnet werden. Sie können zu unfairen oder diskriminierenden Ergebnissen führen. Ursache sind häufig nicht repräsentative Trainingsdaten, ungeeignete Auswahlverfahren oder problematische Bewertungsmetriken. Bias entsteht im System – oft unbemerkt –, kann sich aber massiv auf Entscheidungen auswirken.
Chat-Assistenten und Large Language Models (LLMs)
Bekannt wurde KI zuletzt vor allem durch Chat-Assistenten wie ChatGPT, Claude oder Gemini. Sie basieren auf sogenannten Large Language Models (LLMs) – besonders großen Vertretern tiefer neuronalen Netzen, die Text verstehen können. Neurone Netze sind Maschine Learning Modelle, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Tiefe Netzwerke bestehen aus besonders viele übereinander gelagerte und verbundene Neuronenschichten. LLMs sind tiefe neuronale Netze, die auf gigantischen Textmengen trainiert werden.
LLMs lernen, sprachliche Strukturen zu verstehen und selbst neue, inhaltlich kohärente Texte zu erzeugen. Deshalb spricht man auch von generativen Modellen. Inzwischen gibt es neben kommerziellen Modellen auch Open-Source-Alternativen wie LLaMA (Meta) oder DeepSeek, die lokal nutzbar sind.
By Lwneal – Own work, CC0, Link
Unterscheidende (discriminative) vs. generative Modelle Quelle Bild
Was moderne KI-Systeme leisten
Aktuelle KI-Systeme sind multimodal: Sie verarbeiten nicht nur Texte, sondern auch gesprochene Sprache, Bilder oder Musik und erzeugen daraus neue Inhalte. Sie können Artikel verfassen, Programmcode schreiben, Bilder generieren oder komplexe Prüfungsfragen beantworten.
Ein zentrales technisches Merkmal ist das Kontextfenster. Während frühe Systeme nur die letzte Nutzendeneingabe berücksichtigen konnten, analysieren aktuelle Modelle ganze Dokumente oder beziehen längere Dialogverläufe in ihre Antworten mit ein.
Ein weiteres neues Verfahren ist Chain of Thought (CoT): Bevor das Modell antwortet, analysiert es intern die Eingabe, reflektiert mögliche Bedeutungen und entwickelt Hypothesen - in einer Art offengelegtem innerem Dialog – vor dem eigentlichen Textvorschlag.
Wo KI an ihre Grenzen stößt
So leistungsfähig diese Systeme auch sind – sie bleiben fehleranfällig. Halluzinationen, also faktisch falsche, aber überzeugend klingende Aussagen, sind keine Seltenheit. Auch Bias bleibt ein zentrales Risiko.
Die technologischen Fortschritte werfen tiefgreifende gesellschaftliche Fragen auf:
-
Wer trägt Verantwortung für Fehlentscheidungen?
-
Welche Auswirkungen hat KI auf Arbeitsmärkte, Bildung oder unser Selbstverständnis?
-
Wie gehen wir mit Deepfakes (Medieninhalten wie z.B. Videos oder Bilder, die mithilfe von KI erzeugt/manipuliert werden), Fake News oder der hohen Energiebilanz solcher Modelle um?
Viele dieser Fragen sind noch unbeantwortet. Umso wichtiger sind transparente Regeln – etwa durch den EU AI Act – sowie offene Diskurse über Chancen, Risiken und Einsatzgrenzen.
💡 Lernzusammenfassung Kapitel 1.1: Grundlagen
- KI und Maschinelles Lernen: Künstliche Intelligenz ahmt menschliches Denken nach. Maschinelles Lernen erkennt auf Basis von Daten Muster und verbessert Aufgabenlösungen ohne explizite Programmierung.
- Funktionsweise moderner KI-Systeme: LLMs wie ChatGPT nutzen tiefe neuronale Netze, sind multimodal einsetzbar und erzeugen eigenständig Inhalte auf Basis großer Datenmengen.
- Herausforderungen und Regulierungsbedarf: Risiken wie Verzerrungen und Falschinformationen machen klare Regeln notwendig – wie sie etwa durch den EU AI Act geschaffen werden.