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3. Pflanzliche Arzneimittel

In diesem Buch lernst Du die verschiedenen Wirkstoffgruppen und Verfahren kennen.

 

3. Pflanzliche Arzneimittel

 

Da Pflanzen weder vor Feinden noch vor sich verändernden Umweltbedingungen weglaufen können, haben sie andere Strategien entwickelt, sich davor zu schützen. Sekundäre Pflanzenstoffe helfen dabei, sich vor Fraßfeinden zu schützen, Pilze oder Bakterien fernzuhalten, Bestäuber anzulocken, oder auch  Artgenossen fernzuhalten. Sekundäre Pflanzenstoffe sind sehr spezifisch für bestimmte Arten oder Gattungen und kommen nicht gleichmäßig in allen Pflanzen vor. Meist handelt es sich um komplexe Substanzgemische, die dann die jeweilige Wirkung entfalten. Es wirkt dann größtenteils nicht nur eine Substanz, sondern der gesamte Cocktail. Dabei kann man wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe und wirksamkeitsmitbestimmende Stoffe unterscheiden. Letztere können z.B. die Aufnahme im Körper verbessern.

Zumeist nutzt der Mensch das komplette Substanzgemisch, das auf verschiedene Arten aus der Pflanze extrahiert wird (Phytopharmaka). In einigen Fällen werden auch ganz gezielt einzelne Reinsubstanzen isoliert und wie chemisch-synthetische Arzneistoffe weiterverarbeitet, wie z.B. Menthol (aus der Ackerminze), Morphin (aus Schlafmohn) oder Digoxin (aus dem Wolligen Fingerhut).

Arzneipflanzen von Anne Rödl (CC BY)


Seit Jahrtausenden nutzt der Mensch die Vielfalt an pflanzlichen Wirkstoffen zur Behandlung von Krankheiten und Unwohlsein. Die Entdeckung der medizinischen Wirkung bestimmter Pflanzenstoffe hat das heutige Verständnis der Medizin entscheidend beeinflusst. Bis zu 70 % der Arzneistoffe sind von Naturstoffen abgeleitet. So werden heutzutage einige bedeutende Arzneimittelwirkstoffe künstlich nach dem Vorbild der Natur synthetisiert, wie z.B. die als Schmerzmittel Aspirin bekannte Acetylsalicylsäure, die natürlich in Weidenrinde vorkommt.
Weide von Anne Rödl (CC BY)


Aber es gibt auch mehrere wichtige Beispiele für Arzneimittel mit wirtschaftlicher Bedeutung, die aus Pflanzen gewonnen werden. So wird beispielsweise Taxol, ein Chemotherapeutikum zur Behandlung von Brust- und Eierstockkrebs, aus der Rinde der Pazifischen Eibe (Taxus brevifolia) gewonnen. Weitere pflanzliche Arzneimittel sind Vincristin, ein Krebsmedikament, das aus der Rosafarbenen Catharanthe (Catharanthus roseus) gewonnen wird, und Artemisinin, ein Malariamittel, das aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua) gewonnen wird.
Pflanzen mit bedeutenden Inhaltsstoffen von Anne Rödl (CC BY)


In einigen Gegenden der Welt, in denen synthetisch hergestellte Arzneimittel nicht erhältlich oder unerschwinglich sind, spielt diese traditionelle Medizin auch heute noch eine große Rolle. Praktiken der traditionellen chinesischen Medizin oder der Ayurveda sind darüber hinaus weltweit wissenschaftlich anerkannt. Eine Veröffentlichung zum Thema aus dem Jahr 1993 (Akerele 1993) geht davon aus, dass 80 % der Weltbevölkerung ausschließlich auf diese traditionelle Medizin angewiesen sind. Im Bereich der Selbstmedikation haben pflanzliche Arzneimittel auch in den westlichen Ländern eine bedeutende Marktrelevanz.