KONKRET: Fundraising Teil 2
Zusammenfassung
„Der Ausdruck Institutional Readiness bezeichnet die Fähigkeit einer Organisation, professionell mit Ideen, Mitteln und Menschen umgehen zu können.“ (spendwerk.de)
Transkript
Hallo und herzlich willkommen. Mein Name ist Sonja Ostendorf-Rubb und in diesem Kapitel des Studienbriefes Fundraising beschäftigen wir uns mit den Voraussetzungen für Fundraising.Dazu haben sie über die Professionalisierung des Sektors und über Fundraising Ethik gelesen. Ihnen wurden die rechtlichen Grundlagen für das Fundraising von gemeinnützigen Organisationen
und die Akteure und Zielgruppen des Fundraising vorgestellt. Zum Abschluss dieses Kapitels möchte ich Ihnen ein Analyseinstrument vorstellen, das die Bereitschaft für das Fundraising von Organisationen oder Projekten prüft. Sind wir so aufgestellt, dass wir eine Fundraising-Kampagne von Anfang bis Ende professionell durchführen können?
Sie können sich vorstellen, dass dies eine ganz wichtige Frage ist. Denn nichts wäre schlimmer, als wenn Ihnen die ersten SpenderInnen bereits ihr Geld anvertraut haben, sie aus internen Gründen
die Kampagne aber abbrechen müssen. Die institutionelle Bereitschaft umfasst nicht nur das Vorhandensein und die Verfügbarkeit von Fähigkeiten, Finanzen und Infrastruktur, sondern bezieht sich auch auf die Kultur und die Richtlinien innerhalb der Organisationen darauf, ob diese den Fundraising-Cals unterstützen oder angepasst werden müssen.
Die Evaluation der – und das ist wieder ein englischer Fachterminus – Institutional Readiness steht nicht nur am Anfang des Aufbaus eines Fundraising-Teams. Sie muss im Prinzip bei jeder neuen Kampagne wiederholt werden, denn je nach Zweck- und Zielgruppe müssen unterschiedliche Voraussetzungen erfüllt werden. Die erste Schritt im Evaluationsprozess ist, Ressourcen zu evaluieren. Gerade bei Organisationen oder Projekten ohne feste Fundraising-Teams gilt es, die Frage zu beantworten, wer hat Zeit und Know-how das Projekt zu bearbeiten oder muss dies eingekauft werden. Die Frage nach dem Budget ist eine ganz wichtige. Gibt es ein Projektbudget, aus dem die Mitarbeiterinnen anteilig bezahlt werden? Sind darin Gelder für Fortbildungen oder Abwicklung enthalten? Jeder Brief, der später verschickt wird, jedes Telefonat, das geführt wird, kostet und dafür muss budgetiert werden. Erst dann festgestellt wurde, dass diese Ressourcen für die Dauer der Kampagne zur Verfügung stehen, kann sich das Team der Evaluation des Alleinstellungsmerkmals oder Englisch der Unique Selling Proposition der Organisation oder des Projektes widmen. Sind der Organisationszweck oder die Mission verständlich formuliert? Wie lässt sich der zu formulierende Förderbedarf daran ausrichten? Bei der Evaluation von Ansehen und Profil geht der Blick über die eigene Organisation hinaus. Wie werden wir in der Gesellschaft wahrgenommen?
Haben wir genug Profil, um uns von Konkurrenten auf dem Fundraisingmarkt abzusetzen? In dieser Phase findet auch eine Umfeld- oder Wettbewerbsanalyse statt. Gibt es vergleichbare Organisationen oder Projekte, die mit ähnlichen Kampagnen auf demselben Markt werben? Dann muss die Kampagne möglicherweise verschoben werden. Vom Organisationszweck oder von der Mission wird dann ein Fundraising-Zielbild abgeleitet, indem in einem sogenannten Case-for-Support bedarf und Fördergründe schriftlich festgehalten werden. Hier geht es darum, die Perspektive von Spenderinnen und Spendern einzunehmen und überzeugende Argumente zu liefern, warum eine Organisation ist verdient, mit Spenden unterstützt zu werden. Der Case-for-Support ist mehr als ein Business Case für Fundraising. Er ist ein Grundlagendokument für alle weitere Kommunikation, die im Laufe der Kampagne daraus abgeleitet werden. Im nächsten Schritt geht es um die Zeitplanung. Haben Sie ein Projekt definiert? Können Sie die Laufzeit festlegen und Kapazitäten detaillierter planen und berechnen? Sogenannte Capital Campaigns, in denen große Summen für zum Beispiel Neubauten oder Zustiftungen eingeworben werden, laufen oft über mehrere Jahre. Crowdfunding-Kampagnen hingegen meist nur wenige Wochen. In der Kommunikationsstrategie wird festgelegt, wie und wann, welche Kommunikationsinstrumente zielgruppenspezifisch für die Kampagne eingesetzt werden. Hier wird bereits der Ablaufplan angedacht, der nach der Evaluation der Institutional Readiness der nächste Schritt in der Planung einer Fundraising-Kampagne ist. In dieser frühen Phase geht es zunächst einmal darum zu prüfen, welche Kommunikationsinstrumente infrage kommen und ob dafür alles bereit ist, also ob die Facebook-Seite aktuell ist oder alles für eine Newsletter vorbereitet ist.
Aus dem Case-for-Support lassen sich die Zielgruppen für die Fundraising-Kampagne ableiten. Und die sind nicht immer gleich. Sollen Großspender angesprochen werden, ist der Kreis viel kleiner, als wenn es sich um Kleinst-Spende handelt. Auch inhaltlich werden je nach Zweck verschiedene Zielgruppen angesprochen. Wichtig ist, dass die Informationen zu den SpenderInnen in einer Datenbank festgehalten
werden. Was wurde wann zu wem geschickt? Gab es einen Rücklauf? Nichts wirkt unprofessioneller, als wenn der gleiche Spendenbrief zweimal an dieselbe Person verschickt wird und diese vielleicht
sogar schon gespendet hat. Für Kulturbetriebe bietet es sich an, dass alle Kommunikationen und Transaktionen der Kundinnen bzw. SpenderInnen in einer zentralen Datenbank festgehalten werden.
So wird die Customer Journey transparent. Eindeutig überschneiden sich hier Marketing, Vertrieb und Fundraising. Am besten eignet sich dafür eine Customer Relationship Management Software. Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, solch eine Software haben die wenigsten Kulturbetriebe und vieles wird am Anfang einfach in Excel festgehalten. Wichtig ist, dass die Kommunikation mit den SpenderInnen festgehalten wird, sodass auch die nächste Mitarbeiterin weiß, wobei im nächsten Mal die Kommunikation wieder aufgenommen wird. Eine Frage, die es beim Kundenmanagement zu überprüfen gilt, ist nicht nur haben wir eine funktionierende Datenbank, sondern haben wir überhaupt genügend potentielle Förderer. Das Fundraising Verständnis ist bei den Beteiligten oft ganz verschieden. Zur Aufgabe der FundraiserInnen gehört auch, im Vorhinein eine realistische Erwartungshaltung an das Thema aufzubauen. Dazu gehört, dass die Organisation in eine finanzielle Vorleistung geht, bis die Spenden fließen. Auch Zeitraum und Summen müssen realistisch vermittelt werden. Wer stellt am Ende die entscheidende Frage nach der Spende? Denn auch wenn ein Fundraising berate, die Kampagne plant und begleitet, heißt das nicht, dass diese einen Sack voller SpenderInnen mitbringt. Fundraising ist auf allen Ebenen einer Organisation verankert und auch eine wesentliche Vorstandsaufgabe. Wer welche Kontakte hat und
wer wie involviert ist, muss vorab geklärt werden. Die Verankerung des Fundraisings auf allen Ebenen der Organisation ist Teil der Unternehmenskultur. Eine Richtlinie, die es einzuführen oder zu
überprüfen gilt, ist zum Beispiel die sogenannte Gift-Acceptance-Policy zur Annahme von Spenden. Diese wird aus mehreren Perspektiven als Best Practice angesehen, sei es in Bezug auf die
Beziehungen zu den SpenderInnen oder das Management der eigenen Risiken der gemeinnützigen Organisation. Denn nicht alle Spenden sind hilfreich. Einige können zum Beispiel bei der Veräußerung von
Immobilien und den anfallenden Steuern mehr Aufwand und Kosten verursachen, als erwünscht ist. Oder die gemeinnützige Organisation ist möglicherweise einfach nicht in der Lage, bestimmte Sachspenden zu verwenden, zu entsorgen oder zu warten. Erst nach der Evaluation dieser Bereiche und der ehrlichen Feststellung, ob die Organisation als Ganzes für ein nachhaltiges Fundraising aufgestellt ist, können die nächsten Schritte die Erstellung eines Ablaufplans und die Erstellung eines detaillierten Budgetsplans erfolgen. Mit folgender Übungsaufgabe möchte ich dieses Kapitel abschließen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben die Institutional Readiness für Ihre Organisation evaluiert und eine Fundraising-Kampagne geplant. Kurz bevor Sie damit an die Öffentlichkeit treten, wird eines Ihrer prominenten Vorstandsmitglieder wegen Steuerhinterziehung Medienwirksam festgenommen. Hat dieses Ereignis Auswirkungen auf Ihre Organisation? Welcher Bereich der Institutional Readiness ist womöglich davon betroffen? Entscheiden Sie sich, die Kampagne wie geplant anzustoßen? Erwägen Sie das für und wieder.
Kurzbiografie

Eine Zusammenarbeit mit dem Institut für Kultur- und Medienmanagement (KMM) der Hochschule für Musik und Theater Hamburg (HfMT) und dem Multimediakontor Hamburg (MMKH).