Raumbefragung
In diesem Outtake aus den fiktiven Dreharbeiten des Tatorts in Hamburg stellt Dietrich Kuhlbrodt die typische Schliengensief Methode vor: Nicht der Mensch befragt den Raum, sondern der Raum den Menschen. Diese Methode wird zum grundlegenden Prinzip bei seiner Entwicklung und Umsetzung der Tatortfolge.
In Schliengensiefs Filmen herrscht, so Georg Seeßlen, ein permanenter Bürgerkrieg der Zeichen [1]. Der Schauspieler repräsentiert nicht mehr einfach einen Menschen. Die Kamera bezieht keine Position mehr, aus der sie das Geschehene für eine sichere Dramaturgie einrahmen kann. Dietrich Kuhlbrodt, der in zahlreichen Filmen und Aufführungen von Christoph Schliengensief Schauspieler gewesen ist, schreibt: „In Schliengensiefs Filmen ging es um Bilder. Die zu finden, und wieder zu verwerfen waren. Worte, Dialoge, gar ein verbindliches Drehbuch, – all das hätte nur gestört. (...) Zwei Sätze Schliengensiefs dazu: ‚Nicht den Regisseur fragen, sondern den Raum, was er von einem will. Dem Raum nichts aufzwingen.‘ (...) Zweitens: Störungen sind willkommen. Und niemals Anlass zu einem zweiten Take. Text vergessen? Fabulieren! Sich versprochen? Auf der falschen Schiene bleiben!! Kamera weggeschubst? Ins Objektiv gucken! So wird auch das Verrückteste echt und wahr. Außerdem spart es Filmmaterial.“ [2]
- Georg Seeßlen: Über Filme, das Theater und die Talkshow, in: W. Schulz, J. Lochte u.a.: „Schlingensief – Notruf für Deutschland“, Rotbuch-Zeitgeschehen, siehe auch: http://www.schlingensief.com/bio_seesslen.php
- ↑ Dietrich Kuhlbrodt: Ey hör doch mal zu – Über Schliengensief, in: http://culturmag.de/litmag/dietrich-kuhlbrodt-ueber-christoph-schlingensief/90238 , 4.11.2015