Lektion 1: Ethik und Moral
1.6 Moralische Intuitionen
Der amerikanische Sozialpsychologe Jonathan Haidts und seine Kollegen haben in wissenschaftlichen Untersuchungen herausgefunden, dass der Großteil der Menschen anstatt bedacht und überlegt zu handeln, instinktive moralische Entscheidungen trifft. Diese moralisch intuitiven Handlungen werden meist erst rückblickend durch die jeweilige Person selbst reflektiert und nachfolgend durch Argumente versucht zu bestärken.
Wie Sie auf den letzten Seiten gelernt haben, unterscheiden sich menschliche Moralvorstellungen je nach Herkunft, Kultur oder Religion. Haidts und seine Kollegen haben in ihren Untersuchungen herausfinden können, dass sich einige der moralischen Intuitionen der Bevölkerung aber durchaus überschneiden. Dadurch können Menschen unter bestimmten gesellschaftlichen Gegebenheiten ähnliche emotionale und intuitive Handlungsentscheidungen treffen.
Die wichtigsten moralischen Intuitionen, die weltweit verbreitet sind, haben Reuben Grinberg und seine Kollegen 2018 zusammengefasst. Diese werden Ihnen in der nachfolgenden Grafik abgebildet:
Die moralischen Intuitionen sind demnach wichtige menschliche Fähigkeiten, die das zwischenmenschliche Zusammenleben gestalten, indem wir das Handeln unserer Mitmenschen gedanklich bewerten und je nach moralischer Ansicht uns diesen gegenüber verhalten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass moralische Intuitionen positiven Einfluss auf den Menschen haben können, wie beispielsweise Fairness, Loyalität, Unversehrtheit. Sie können aber auch negativen Einfluss auf einen Menschen haben, darunter fallen beispielsweise Ausgrenzung, Autoritätsgläubigkeit (blinder Gehorsam), übertriebene Ablehnung von etwas oder jemandem. Anhand dieser Beispiele wird die Bedeutung der Selbstreflexion besonders deutlich.
Um genauer zu verstehen, warum wir in bestimmten Situationen so reagieren, wie wir reagieren, damit setzt sich die Ethik in den nächsten Kapiteln auseinander.