Lektion 1: Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland
1.1 Bedeutung von Hospiz- und Palliativversorgung
In Folge des demografischen Wandels kommt es aktuell und in den kommenden Jahrzehnten zu einer Veränderung der Alterszusammensetzung in der deutschen Bevölkerung.
Die Lebenserwartung wird voraussichtlich weiter steigen, da die gesundheitliche Versorgung verbessert wurde. Infolgedessen wird die Zahl der Menschen im Seniorenalter (ab 67 Jahren) in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen. Auch der Anteil der sogenannten Hochaltrigen (ab 80 Jahren) wird insbesondere bis 2050 auf bis zu 12 % anwachsen.
Gleichzeitig zeigen Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen, dass die Anzahl derjenigen Personen, welche an mehreren Erkrankungen oder Einschränkungen gleichzeitig leiden (Multimorbidität), ab dem 50. Lebensjahr kontinuierlich zunimmt.
Somit sind die letzten zwei bis drei Lebensjahrzehnte bei vielen Menschen durch eine kontinuierliche Zunahme von chronischen Beschwerden, funktionaler Abhängigkeit und kognitiven Einschränkungen gekennzeichnet.

Diese Entwicklung spiegelt sich unter anderem in der wachsenden Anzahl an Pflegebedürftigen wider. Dabei werden die meisten Pflegebedürftigen zu Hause versorgt (4 von 5). Meist erfolgt die Versorgung durch pflegende Angehörige. Häufig unterstützt durch einen ambulanten Pflegedienst. Jedoch erschweren zunehmend vielfältigere Lebensformen, vor allem die Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen, eine kontinuierliche Versorgung zu Hause zusätzlich. Dementgegen machen Bewohner*innen von Pflegeheimen nur rund ein Fünftel der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland aus.
Unabhängig von dem jeweiligen Ort der Versorgung äußern viele Pflegebedürftige (66 %) den Wunsch, die letzte Lebensphase in der häuslichen Umgebung verbringen zu wollen. Entgegen diesem Wunsch verstirbt jedoch ein Großteil der Menschen in Deutschland außerhalb des häuslichen Umfelds (63% im Jahr 2021).
Insgesamt kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Anzahl an schwerstkranken und pflegebedürftigen Menschen, die eine professionelle Unterstützung bedürfen, zunehmen wird. Außerdem kann vermutet werden, dass Pflegebedürftige zukünftig vermehrt in Einrichtungen der stationären Versorgung (z.B. Pflegeheimen) betreut werden und hier auch versterben.
Die zentrale Frage, die sich hieraus ergibt, ist also, wie schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihren Zugehörigen ein Abschied in Würde, Selbstbestimmung und unter Erhalt der bestmöglichen Lebensqualität ermöglicht werden? Die Antwort auf diese Frage ist im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung zu finden.
Doch was genau ist Hospiz- und Palliativversorgung? Dieser Frage wird auf der nächsten Seite nachgegangen.