2. Lufttransportsysteme
10. Luftverkehr & Umwelt
10.1. Abgasemissionen
Treibhauseffekt & Treibhausgase
Von besonderer Prominenz ist der Einfluss der Luftfahrt auf das Klima. Die Emissionen, die über den Treibhauseffekt zu Klimaänderungen beitragen können, lassen sich unterscheiden in Treibhausgase (im Sinne des Kyoto-Protokolls) und andere Stoffe. Zu den anderen Stoffen zählen auch so umfangreich vorkommende Stoffe wie Wasser beziehungsweise Wasserdampf.
Hinsichtlich der Treibhausgase nimmt das wohl bekannteste Treibhausgas CO2 eine herausgehobene Rolle ein, da es weltweit den größten Anteil der Treibhausgase im Sinne des Kyoto-Protokolls am Gesamt-Strahlungsantrieb hat (66% des Gesamt-Strahlungsantriebs sind auf CO2 zurückzuführen, zweitwichtigstes Treibhausgas ist mit 17% Methan). Der Gesamt-Strahlungsantrieb bezeichnet dabei den Überschuss an aufgenommener gegenüber abgestrahlter Energie auf einem Flächenelement und darüber den Effekt von bestimmten Gasen auf die Erwärmung der Atmosphäre beziehungsweise der Erdoberfläche.
Wie entsteht CO2 in der Luftfahrt?
Zur Bereitstellung der Antriebsleistung werden in Flugzeugen im Wesentlichen VKM genutzt. VKM bilden sowohl den Kern von Strahltriebwerken (als Strömungsmaschinen) als auch den Antrieb für die Propeller von Turboprops oder als Hubkolbenmotor ausgeführt auch den Antrieb für "normale" Propellermaschinen. Vergleichbar mit Turoprops sind auch einige Helikopterantriebe konfiguriert. In VKM wird unabhängig von der Bauform als Strömungsmaschine oder Hubkolbenmaschine beziehungsweise Verdrängermaschine die Antriebsleistung durch die Verbrennung von Treibstoffen generiert. Diese Treibstoffe basieren typischerweise auf fossilen Rohstoffen (Kohlenwasserstoffen). Die Nutzung dieser Treibstoffe in VKM ist insbesondere mit dem Ausstoß von CO2 und Wasserdampf verbunden.
Wie sich die Abgase auf CO2 und Wasserdampf aufteilen, hängt dann vom konkret genutzten Treibstoff ab. Es bestehen aber nur verhältnismäßig geringe Unterschiede zwischen den typischen Flugtreibstoffen (Kerosin beziehungsweise Jet Fuel bei den meisten Strömungsmaschinen und Flugbenzin beziehungsweise AvGas bei den meisten Verdrängermaschinen).
Ein Beispiel, das als annähernd repräsentativ für die Prozesse in einem Triebwerk gelten kann ist:
1kg Kerosin + 3,4kg Sauerstoff = 1,24kg Wasserdampf + 3,15kg CO2 + 0,01kg Restprodukte
Somit sind heutzutage etwa 99,8% der Abgase aus VKM Wasserdampf und CO2. Ein solche "saubere Verbrennung" ist aus ökologischen Gründen zu begrüßen, da einige der etwa 0,2% an Restprodukten eine im Vergleich zu CO2 erhöhte Treibhauswirkung oder auch bei erhöhten Mengen einen direkten negativen Einfluss auf Organismen haben können.
Pro kg Kerosin (oder ähnlich bei Flugbenzin / AvGas) kann die Menge der Restprodukte heute durchaus je nach Triebwerkstyp und Betriebszustand etwa in einem Bereich von 7g bis etwa 34g schwanken oder auch noch geringfügig darunter oder darüber liegen.
Wie viel CO2 wird freigesetzt?
Auf einem Flug von Frankfurt nach New York werden pro Passagier etwa 600kg CO2 und auf einem Flug von Frankfurt nach Kapstadt etwa 1000kg CO2 freigesetzt. Das entspricht grob 100g/km und ist damit etwas weniger als der spezifische CO2-Ausstoß eines mit Ottokraftstoff betriebenen typischen Mittelklasse Pkw Baujahr 2020 im gemischten Betrieb nach NEFZ-Norm (ca. 150gCO2/km). Entfernte Reiseziele aus Gründen der CO2-Emissionen lieber mit einem Pkw als mit dem Flugzeug zu erreichen, ließe sich also wohl nur dann als sinnvoll bezeichnen, wenn der Pkw entsprechend mit mindestens 2 Personen besetzt ist. Nimmt man einen vergleichbaren Pkw mit Baujahr 1997 zum Vergleich, so braucht man jedoch schon mindestens 3 Personen an Bord, um unter 100g CO2 pro Person und Kilometer zu kommen. Zudem wird wohl den meisten Menschen spätestens ab etwa 2000km Entfernung der Unterschied in der Reisedauer als unverhältnismäßig erscheinen.
Die CO2-Emissionen von Flugzeugen pro Person und Kilometer lassen sich also durchaus mit denen von Pkw vergleichen. Vielfach ist die Nutzung des Flugzeugs auch praktisch alternativlos, da andere Verkehrsmittel eine sehr viel zeitaufwändigere (und unter Umständen gefährlichere) Reise mit sich bringen würden, was das Flugzeug in der Praxis oft alternativlos macht.
Während die Luftfahrt in den 2010er Jahren einen Anteil von etwa 4% an der weltweiten Wirtschaftsleistung hatte, liegt der Anteil der Luftfahrt an den anthropogenen CO2-Emissionen nur bei etwa 2% bis 3%. Damit wird klar, dass auch eine vollständig klimaneutrale Luftfahrt die Klimaänderungen nicht stoppen kann, da der Anteil der Luftfahrt an den anthropogenen CO2-Emissionen nicht besonders hoch ist. Jedoch kann die Luftfahrt über ihren eigenen Anteil am Treibhauseffekt hinaus auch als Treiber für umweltfreundliche Technologien dienen.
Contrails (Kondensstreifen)
Unter den Emissionen, die zu Klimaänderungen beitragen können, finden sich neben den Treibhausgasen im Sinne des Kyoto-Protokolls noch weitere Stoffe. Zu diesen Stoffen zählen auch so umfangreich vorkommende Stoffe wie Wasser beziehungsweise Wasserdampf.
Neben CO2 ist der Hauptbestandteil der Abgase von Triebwerken und vielen anderen VKM Wasserdampf. Durch die Freisetzung von Wasserdampf aus anthropogenen Quellen wie VKM wird die Menge des Wasserdampfs in der Atmosphäre erhöht. Dies hat einen Einfluss auf die Wolkenbildung. Während das bodennahe Ausstoßen von Wasserdampf zwar nicht als vollständig klimaneutral, jedoch weitestgehend unkritisch betrachtet wird und auch einen dämpfenden Effekt auf die Klimaerwärmung haben kann, bestehen beim Ausstoß von Wasserdampf in großen Höhen komplexere Effekte rund um die Kondensstreifen.
Kondensstreifen entstehen abhängig von der lokalen Luftfeuchtigkeit und Temperatur durch die Triebwerksabgase. Entlang hoch frequentierter Flugrouten können die Kondensstreifen sich in langgezogene Zirruswolken weiterentwickeln und mitunter lange bestehen bleiben. Dies geschieht insbesondere in der Tropopause, da die Luftfeuchtigkeit hier von Natur aus sehr gering ist.
Kurzum besteht grob der folgende Effekt:
- Einfallendes Sonnenlicht wird in den Zirruswolken diffus gestreut und die Intensität dadurch mehr oder weniger stark gemindert
- Die Reflexion der Sonnenstrahlung von der Erde bzw. die Abstrahlung von Wärme von der Erdoberfläche wird durch die reflektierenden und bedeckenden Eigenschaften der Wolkendecke unterdrückt (vgl. Bauernregel: Klare Winternächte sind kälter als bedeckte Winternächte)
Im Saldo wird damit die Menge der von der Erde aufgenommenen Wärme erhöht.
Bis zu 50% des Klimaeinflusses der Luftfahrt wird daher Kondensstreifen zugeschrieben. Daher wird der Anteil der Luftfahrt an den menschengemachten Klimaänderungen teils auf etwa 5% geschätzt. Damit steht in einer ökonomisch-ökologischen Abwägung von wirtschaftlicher Bedeutung gegenüber Auswirkungen auf das Klima ein Anteil der Luftfahrt an der weltweiten Wirtschaftsleistung von etwa 4% einem Anteil an den menschengemachten Klimaänderungen von etwa 5% gegenüber, wenn man nicht nur den Einfluss von CO2-Emissionen sondern auch den von Wasserdampf beziehungsweise Kondensstreifen einbezieht. Damit wird klar, dass die Luftfahrt zwar nicht als "Klimakiller" verschrien werden sollte, jedoch auch nicht als "Saubermann" dastehen kann.
Welche Abgase entstehen noch?
Die oft als Restprodukte bezeichneten sonstigen Abgase, die bei der Verbrennung heutzutage insgesamt nur einen Anteil von etwa 0,2% ausmachen, sind primär Stickoxide und Kohlenmonoxid. Beide Gase gelten in gewisser Konzentration als gesundheitsschädlich oder sogar als giftig. Ein direktes Einatmen konzentrierter Abgase aus VKM ist aber nicht etwa aufgrund dieser Schadstoffe tödlich, sondern aufgrund des quasi nicht mehr vorhandenen Sauerstoffs in den Abgasen. Mögliche langfristige Auswirkungen oder denkbare Belastungen durch verschiedene Stoffkonzentrationen der in der Luft verdünnten Abgase und derer Bestandteile, ist primär eine medizinische und nicht wirklich technische Frage. Technisch lässt sich festhalten, dass der Anteil an Restprodukten in den Abgasen nicht nur sehr gering ist, sondern auch seit Jahrzehnten tendenziell sinkt.
Eine weitere Senkung der hier als Restprodukte aufgeführten Abgasbestandteile wird jedoch insbesondere von den politischen Institutionen der EU angestrebt (vgl. Vision 2020 - Advisory Council for Aeronautic Research, Vision 2050 - High Level Group on Aviation Research) - wie etwa eine weitere Reduzierung der Stickoxidemissionen um 90%.
Emissionsfaktoren & Lastabhängigkeit
Der spezifische Kraftstoffverbrauch ist nahezu konstant mit den Emissionen verknüpft. Der spezifische Kraftstoffverbrauch lässt sich in Gramm pro Sekunde und Kilonewton angeben (g / (s * kN)). Dieser ist oft relativ konstant über den gesamten Lastbereich des Triebwerks (von 0% bis 100% des Schubs beziehungsweise der Drehzahl). Im geringen Maße gibt es jedoch Unterschiede. Oft ist der spezifische Kraftstoffverbrauch bei mittlerer Last beziehungsweise mittlerem Schub oder mittlerer Drehzahl etwas geringer als im niedrigen oder sehr hohen Lastbereich. Die spezifischen Emissionen der Abgase CO2 und Wasserdampf gehen mit dem Kraftstoffverbrauch linear einher.
Auch für die Restprodukte lassen sich spezifische Emissionen beschreiben. Hier ist aber eine stärkere Abhängigkeit von der Last zu beobachten. Sie lassen sich in Gramm Restprodukt pro kg gesamtem Abgas ausdrücken (Emissions Index - EI). Für Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe lassen sich oft erhöhte Werte der Emissions Indizes im Leerlauf beziehungsweise bei unter 30% des Startschubs beobachten. Für Stickoxide hingegen besteht ein tendenziell gegenläufiger Trend eines höheren EI bei höherem Schub (aufgrund der damit einhergehenden höheren Temperaturen in der Brennkammer und davon stromabwärts). Dies gilt nicht nur für VKM in der Luftfahrt, sondern lässt sich ähnlich auch bei anderen VKM feststellen. Demgegenüber steht wiederum der Umstand, dass inzwischen bekannt ist, dass Partikelfilter, die Ruß- und Staubpartikel aus den Abgasen von VKM filtern (insbesondere im Kfz-Bereich in der EU bekannt), hin und wieder eine Phase erhöhter Motorlast zu deren optimaler Filterwirkung benötigen, da sich im Niedriglastbetrieb die Filter andernfalls auf Dauer zusetzen. Dieser Effekt ist für die Luftfahrt jedoch weitestgehend irrelevant.
ICAO Emissionsbestimmung
Die ICAO legt ein Messverfahren und bestimmte Grenzwerte für die Restprodukte in den Triebwerksabgasen fest.
Diese Emissionen werden nach ICAO Annex 16, Vol. II lediglich für den Start- und Landezyklus ermittelt. Der Reiseflug, der gerade im Langstreckenbereich das Gros der Flugdauer ausmacht, wird nicht erfasst. Somit werden die Emissionen in Reiseflughöhe (ca. 5000 - 12000m) nicht berücksichtigt.
Die ICAO Emissionsbestimmung (ICAO LTO Cycle) folgt also einem Zyklus von Start und Landung. Dabei sind 5 Phasen mit einer Dauer von jeweils 0,7 Minuten bis 19 Minuten definiert, während derer das Triebwerk bei einem bestimmten Anteil des maximalen Schubs betrieben wird (7% bis 100%).
Ein Auslegungs- beziehungsweise Optimierungskonflikt besteht zwischen einem hohen Druckverhältnis (minimiert den spezifischen Treibstoffverbrauch und darüber auch die CO2- und Wasserdampfemissionen) und geringen Stickoxidemissionen, die bei höheren Druckverhältnissen (und Temperaturverhältnissen) tendenziell zunehmen, wenn diesen nicht anderweitig entgegen gewirkt wird.
Pressure ratio:
The ratio of the mean total pressure at the last compressor discharge plane of the compressor to the mean total pressure at the compressor entry plane when the engine is developing take-off thrust rating in ISA sea level static conditions.
Rated output:
The maximum thrust available for take-off under normal operating conditions at ISA sea level static conditions without the use of water injection as approved by the certificating authority. Thrust is expressed in kilonewtons.
Bezogen auf das ICAO-Limit (also den Grenzwert) lässt sich bei vielen Triebwerken beobachten, dass einzig die Stickoxidemissionen in der Nähe der Grenzwerte liegen und andere Emissionen oft weit unter den Grenzwerten liegen.
Stickoxide (NOx) dienen über das x als Sammelbegriff für Oxide des Stickstoffs, wie etwa Stickstoffmonoxid oder Stickstoffdioxid. Am DLR werden Untersuchungen dazu durchgeführt, wo Stickoxide freigesetzt werden und wie sich diese in der Atmosphäre verhalten.
Die Befunde sind unter anderem:
- Über 90% aller weltweiten Stickoxidemissionen finden sich in der nördlichen Hemisphäre
- Besonders hohe Belastung auf der Achse Europa - USA sowie in Richtung Asien
- Verteilung wird dabei auch durch die Hauptwindströmungen beeinflusst
- Kein Austausch zwischen Nord- und Südhalbkugel erkennbar
Stickoxide, welche in großen Flughöhen (Tropopause oder sogar Stratosphäre) insbesondere von Militär- und Überschallflugzeugen ausgestoßen werden, bewirken mit steigender Flughöhe (bis etwa 65.000ft = 20km) eine zunehmende Zerstörung des Ozons. In der Troposphäre sorgen Stickoxide dagegen für Entstehung von Ozon. In beiden Fällen ist dieser Effekt als unerwünscht zu bezeichnen.
Trotz des Umstandes, dass der Anteil der Stickoxidemissionen am Abgas also sehr gering ist, ist ein nicht vernachlässigbarer Effekt auf die Umwelt vorhanden.