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2. Lufttransportsysteme

Completion requirements

6. Hersteller

6.4. Kosten

Die Cashflow-Analyse dient dem Flugzeughersteller dazu, ein geplantes Projekt auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu untersuchen.

Es handelt sich dabei um eine reine Liquiditätsbetrachtung, in der die Geldströme (Einnahmen und Ausgaben) über der Zeit dargestellt werden.

Als Ergebnis erhält man eine Übersicht über die zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt entstehenden Überschüsse beziehungsweise Unterdeckungen, inklusive deren Verzinsung. Jenen Punkt (dargestellt nach Zeit und Anzahl der Flugzeuge), an dem die Investitionen durch die Erlöse ausgeglichen werden, bezeichnet man als Break Even.

Die wichtigsten Elemente einer Cashflow-Analyse sind:
  • Einnahmen: Anzahlungen durch Kunden, Umsatzerlöse, Subventionen, etc.
  • Ausgaben: NRC (Non Recurring Cost = „Entwicklungskosten“), RC (Recurring Cost = „Produktionskosten“), Lohn, Material, Vertrieb, Verwaltung, Zinsen, etc.
  • Zeitrahmen: Entwicklungszeit, Programmdauer
  • Stückzahl: Produktionsrate über der Zeit (Kadenz)

Über den Lebenszyklus eines Flugzeugs (oder auch Flugzeugprogramms) entstehen für die Luftfahrtstakeholder verschiedene Kosten. Sie entstehen sowohl beim Entwickler beziehungsweise Hersteller als auch beim Betrieb und ggf. bei der Ausmusterung oder Entsorgung des Flugzeugs.

Aus Hersteller- beziehungsweise Entwicklerperspektive lassen sich die Kosten beispielsweise aufteilen in Entwicklungskosten und Produktionskosten. Die Entwicklungskosten lassen sich als NRC (Non Recurring Costs) auf die Anzahl der Produktionseinheiten (zum Beispiel 200 Flugzeuge) umlegen (quasi als Fixkosten). Die Produktion von beispielsweise Zelle, Triebwerk und Ausrüstung ist mit Recurring Costs - RC (also quasi variablen Kosten) verbunden. Die Preisbildung für das Produkt Flugzeug muss für den Vertrieb des Herstellers beides berücksichtigen. Je nach Stückzahl eines Flugzeugprogramms können dabei die einzelnen Posten in der Zusammensetzung der Kosten sehr unterschiedliche Größenverhältnisse haben.

Für den Betreiber wird zwischen DOC (Direct Operating Costs) und IOC (Indirect Operating Costs) unterschieden. Dabei lassen sich die DOC im Wesentlichen einem konkreten Flugzeug zuschreiben (zum Beispiel Versicherungen, Wartung, Treibstoff, Gebühren, Abschreibung & Zinsen für Fluggerät & Ersatzteile, etc.) und die IOC sind gewissermaßen Nebenkosten, die nicht unmittelbar durch den Betrieb eines konkreten Flugzeugs entstehen (Schulungen, Kosten für Gebäude, Ticketverkauf, etc.). Klammert man aus den DOC das Thema Abschreibung & Zinsen für Fluggerät & Ersatzteile aus, so lassen sich die verbleibenden DOC als COC (Cash Operating Costs) bezeichnen. Zu der Perspektive des Betreibers jedoch mehr in Unterkapitel 7. Flugzeugbetreiber.

Nach der Ausmusterung aus dem aktiven Flugbetrieb hat das Flugzeug in der Regel noch einen signifikanten Restwert. Es wird in der Regel dann nicht direkt der Verschrottung zugeführt, sondern es werden Geräte, Aggregate oder ganze Systeme demontiert, die überholt und wiederverwendet werden können.

Die COC sind für den wirtschaftlichen Flugbetrieb von großer Bedeutung und spielen daher bei der "Kaufentscheidung" einer Luftverkehrsgesellschaft eine große Rolle.
Tendenziell gilt: Mit zunehmender Reichweite nimmt der Anteil der Treibstoffkosten an den COC zu und der Anteil der Wartung ab. Daraus lässt sich für den Hersteller ableiten, dass sich ein wartungsfreundliches Kurzstreckenflugzeug und ein Treibstoff-effizientes Langstreckenflugzeug im Martvergleich besonders gut verkaufen lassen, da die Kostensensitivität hier jeweils besonders hoch ist.

Kommunalität

Kommunalität spielt für den Flugzeughersteller und auch die Zulieferer eine große Rolle, wenn es darum geht, Kosten zu sparen, da insbesondere Entwicklungskosten gespart werden können. Anschaulich wird dies etwa in der Automobilindustrie, wo die Anzahl der Modelle und Modellvarianten weiter steigt, jedoch immer mehr Modelle von Herstellern oder Hersteller-Konsortien auf einer Plattform beziehungsweise einem Baukastenprinzip beziehungsweise modellübergreifend gemeinsamen Antriebs- und / oder Bodengruppen aufbauen (Anschauliches Beispiel: Modularer Längsbaukasten (MLB) vom VW-Konzern).

Gleiches gilt auch seit Jahrzehnten in der Luftfahrt, denn:
Kommunalität senkt nicht nur die Kosten in der Herstellung, sondern spielt auch eine sehr wichtige Rolle bei der Entscheidung einer Fluggesellschaft für ein neues Flugzeugmodell.

Eine Übersicht über die Produkthierarchie beziehungsweise den Produktstammbaum einiger Flugzeugfamilien und deren Ausführungen am Beispiel des Herstellers Airbus konnten Sie bereits oben sehen.

Kommunalität betrifft unterschiedliche Flugzeugkomponenten:
  • Triebwerke
  • Cockpit - „Cross Crew Qualification“
  • Zellenbausteine (Struktur)
  • Verschiedene Subsysteme

Kommunalität zahlt sich umso mehr aus, je größer die Flotte ist.

Kommunalität ist also keine direkte Größe bei den DOC. Vorteile der Kommunalität können nur für jede Fluggesellschaft individuell ermittelt werden.

Im Stile einer analytischen Formel lässt sich die funktionale Abhängigkeit, wie sehr sich die Kommunalität K lohnt, formulieren als Funktion von Flottentyp, Flottengröße, etc.:
K = f(Flottentyp, Flottengröße, etc.)

Doch wo spart der Betreiber durch Kommunalität genau?

Primäre Einsparpotentiale
  • Verringerung der Piloten-Trainingszeiten & -kosten
  • Verringerung der Simulatorzahlen & -zeiten
  • Verbesserte Produktivität der Piloten (flexibel einsetzbar, CCQ)
  • Verringerung der Ersatzteilhaltung für Triebwerk, Zelle & (Sub-) Systeme
  • Verringerung der Wartungskosten

Sekundäre Einsparpotentiale
  • Verringerung der Administrationskosten für den Piloteneinsatz
  • Verringerung des Trainingsaufwands für das Wartungspersonal
  • Verringerung des Trainingsaufwands für das Kabinenpersonal

Wo realisieren die Hersteller Kommunalität konstruktiv?

Zwischen den verwandten Baureihen eines Herstellers (zum Beispiel zwischen allen Wide Body beziehungsweise Twin Aisle Flugzeugen eines Herstellers innerhalb einer Flugzeuggeneration oder sogar darüber hinaus) bestehen zum Beispiel Kommunalitäten hinsichtlich:
  • Cockpit
  • Rumpf (ggf. gekürzt oder verlängert im Vergleich zum Basismodell)
  • Tragflügel (ggf. bis auf verschiedene Triebwerksinstallation)
  • Fahrwerk
  • Systeme (ggf. bis auf Triebwerkssteuerung)
  • Leitwerk

Kommunalität durch Technologietransfer spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn in einer anderen Flugzeugkategorie bei einer Neuentwicklung oder Überarbeitung (zum Beispiel von einem Kurzstreckenflugzeug) Technologien eingesetzt werden, die sich auch auf ein Langstreckenflugzeug übertragen lassen.
  • Systemtechnologie
  • Flugführungs- & Steuerungsintegration
  • Cockpitlayout
  • Triebwerke & Triebwerksintegration
  • Faserverbundwerkstoffe
  • Software allgemein
  • etc.

Auch abseits solch neuer Technologien lassen sich bestehende Entwicklungen auch zwischen verschiedenen Baureihen, die eigentlich unterschiedlich ausgelegt sind, übertragen. So etwa wenig flexible aber über einen breites Marktsegment verteilbare einheitliche Rumpfquerschnitte, die auch für eine neue Baureihe von einer bestehenden Baureihe übernommen werden können (machen verschiedene Hersteller seit Jahrzehnten). So findet man identische oder nahezu identische Rumpfquerschnitte bei verschiedensten Baureihen von Flugzeugen.

Kommunalität hinsichtlich Rumpf und Kabine verringert den Flugbegleitern (der Cabin Crew) den Arbeitsaufwand. Kommunalität im Cockpit erleichtert den Piloten (der Flight Crew) das Umlernen auf ein neues Flugzeugmuster.

Künftige Entwicklungen werden immer mehr inkrementelle Anpassentwicklungen anstatt kompletter Neuentwicklungen sein.