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2. Lufttransportsysteme

Abschlussbedingungen

6. Hersteller

6.1. Marktvorhersagen & Bedarfsanalysen

Hinsichtlich Marktentwicklungen ist zu unterscheiden in:
  • Trends: Gesamtentwicklung (beispielsweise einer Branche) bzw. globale Marschrichtung
  • Zyklus: Auf- & Abschwingen, verbunden mit Konjunktur

(Langzeit-) Trends können sich beziehen auf:
  • Investment-Analyse
  • Bewertung neuer Produkte
  • Geschäfts- & Marktziele
  • Gesetzgebung
  • Industrielle Struktur

(Kurzzeit-) Zyklen beziehen sich eher auf:
  • Produktionsraten
  • Finanzplanung
  • Subventionen
  • „Was wäre wenn…“-Test

Das heißt, dass Trends eine gewisse gestalterische Planung und (auch politische und gesellschaftliche) Einsicht erfordern. Zyklendenken lässt sich stärker kaufmännisch und technsich-analytisch aufbauen.

Verschiedene Marktanalysen stellen fest, dass der weltweite Luftverkehr (in Personenkilometer pro Jahr) in den vergangenen Jahrzehnten ein durchschnittliches jährliches Wachstum von etwa 4% bis 5% aufgewiesen hat, was (vgl. Zinseszins-Effekt) etwa eine Verdoppelung des Luftverkehrsaufkommens alle 15 Jahre bedeutet.

Annahmen zu globalen wirtschaftlichen Eckdaten (realistische Beispiele um 2018):
  • Wirtschaftswachstum: Ca. 2,0% - 3,0% real per annum (p.a.)
  • Inflationsrate: Ca. 4,0% p.a.
  • Zinsen: Ca. 5,0 - 7,0% p.a.
  • Preisverlauf (Tickets): Ca. -0,7% p.a.
  • Treibstoffpreisentwicklung: Ca. 1,5% real p.a.
  • RPK-Entwicklung: Ca. 4,4 - 4,7% p.a.

Zusätzliche Annahmen:
  • Wachstum der Weltbevölkerung: 1,0% p.a.
  • Internationaler Handel: Stimuliert den Langstreckenverkehr
  • Politische Faktoren: Langsame Liberalisierung der Märkte
  • Konkurrierende Transportsysteme: Telekommunikation reduziert den „Geschäftsverkehr“
  • ICE bzw. TGV übernehmen größere Anteile des Kurzstreckenverkehrs

Es gibt jedoch keine allgemein gültigen Methoden zur Marktvorhersage.

Bewährt hat sich eine Kombination von unterschiedlichen Verfahren wie
  • „Top Down Ansatz
&
  • Bottom Up" Ansatz

Zusätzlich müssen Methoden entwickelt werden, um neue Einflussparameter wie
  • Umwelt & Umweltabgaben
  • Kapazitätsengpässe an Flughäfen und in vielbeflogenen Zonen
  • Treibstoffpreisentwicklung
  • Alternative Transport- & Kommunikationsmittel
  • Demographie
zu berücksichtigen.

Top Down Ansatz

Ausgehend von der Entwicklung der vergangenen 10 bis 20 Jahre wird eine kontinuierliche Fortsetzung des langfristigen Trends vorgenommen.

Dabei werden als wesentliche Parameter nur
  • Bruttoinlandsprodukt
  • Erträge der Fluggesellschaften
aufgeteilt in geographische Sektoren (Nordamerika, Europa, Asien-Pazifik, Nahost, Südamerika, etc.) benutzt und die Hauptverkehrsströme zwischen diesen Regionen analysiert.

Zudem sind einige Annahmen zu wirtschaftlichen Eckdaten zu treffen.

Als Ergebnis erhält man eine gemittelte, langfristige Verkehrsbedarfsvorhersage (meist 20 Jahre).

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Bottom Up Ansatz

  • Dient im Wesentlichen zum internen Gebrauch
  • Geht von der Analyse einzelner Fluggesellschaften aus, analysiert die Flottenstruktur und setzt so das Gesamtbild zusammen
  • Erfordert eine ständige Aktualisierung und Anpassung der Daten & ist sehr arbeitsintensiv
  • Wird hauptsächlich für Produktionsplanung, Bewertung & Positionierung neuer Produkte eingesetzt
  • Hat nur einen begrenzten Aussagewert für Flugzeuge mit weniger als 100 Sitzen bzw. Flugzeuge mit mehr als 350 Sitzen

Nachfrageprognose

  • Wann werden neue Flugzeuge benötigt? --> Frage von Demand / Sitzplatzbedarf
  • Wie groß müssen die Flugzeuge sein? --> Frage von Sitzplatzbedarf und Transportfrequenz
  • Wie viele neue Flugzeuge werden benötigt? --> Frage von Transportfrequenz und Nachfrage

Ausgehend von einem Jahr n können sich offener Bedarf, Rückstand und Flotte in Service dann im Jahr n+i verschieden entwickeln.
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Eine Fehlplanung kann also schnell zu einem signifikanten offenen Bedarf führen. Flugzeuge zu betreiben ist teuer, aber durch offenen Bedarf Umsätze nicht generieren zu können, ist ebenfalls teuer.

Entwicklung des Flottenmixes einer Airline

Die Einführung neuer Flugzeugmuster in eine Flotte kann - muss aber nicht zwingend - zu einem Sprung im Flugzeugbestand in der Flotte führen. Durch teilweise sprunghafte und teilweise sukzessive Verdrängung alter Muster aus dem Flottenbestand, kann sich der Wechsel im Flottenmix teilweise auch erst nach mehreren Jahren deutlich bemerkbar machen.

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Daraus ist die Lehre zu ziehen, dass Flugzeugflotten grundsätzlich langfristig zu planen sind und dass bei der Einführung neuer Flugzeugmuster in die Flotte eine Berücksichtigung sowohl des Aufwuchses der Gesamtflotte wie auch der Ausmusterung bestehender Flugzeugmuster stattfinden sollte.

Szenariotechnik

Was ist ein Szenario?
Ein Szenario wird gebildet aus einer Vielzahl von Elementen aus den Bereichen
  • Politik
  • Wirtschaft
  • Recht
  • Sozialstruktur
  • Umwelt
  • Technologie & Entwicklung
  • Infrastruktur
  • Luftverkehrsbedingungen
  • etc.
die eine Beziehung zu und Einfluss auf das Marktgeschehen, das Entwicklungspotential und auf Risiken des Luftverkehrs haben. Das Verfahren wird hauptsächlich für Produktionsplanung, Bewertung und Positionierung neuer Produkte eingesetzt.

Szenarien sind logisch strukturierte „Geschichten“ und „Zukunftsbilder“ einer möglichen Zukunft, die exakt so jedoch kaum eintreten wird.

Ein Szenario soll helfen, die Veränderung von wesentlichen Parametern (Treibstoffpreis, verschärfte Umweltvorschriften, etc.) und ihre Auswirkungen für das aufgestellte Szenario „Luftverkehr“ darzustellen, um die Robustheit neuer Produkte abzuschätzen.

  1. Problemanalyse
  2. Umfeldanalyse
  3. Alternative Annahmen
  4. Zukunftsbilder entwerfen
  5. Auswirkungsanalyse

Technologiebewertung

Motivation: Ambitionierte Zielvorgaben
  • Kyoto-Protokoll, (Bali)
  • Vision 2020 - Advisory Council for Aeronautic Research
  • Vision 2050 - High Level Group on Aviation Research 
  • Exemplarische Inhalte der Zielvorgaben:
    • -65% effektiver Lärm
    • -90% NOx-Emissionen
    • -75% CO2-Emissionen
    • CO2-neutrales Wachstum ab 2020
    • 15Min vor Kurzstreckenflug / 30Min vor Langstreckenflug im Terminal
    • 99% aller Flüge innerhalb 15Min-Band
    • Lufttransportsystem fähig 3-fache Anzahl an Flugbewegungen aufzunehmen

Resultierende Fragestellungen (bzgl. System)
  • Welche Grundannahmen werden getroffen (Szenario / Zeithorizont)?
  • Was sind die relevanten Bewertungsparameter?
  • Wie sind die Parameter zu bemessen (Metrik)?
    • Technisch - kg, kW, etc.
    • Monetär - $, €, Break Even, etc. [DOC vs. NPV] 
    • Ökologisch - Strahlungsantrieb, etc.
    • Qualitativ 
  • Wie sind die Parameter gegeneinander zu werten (Gewichtung)?
  • Welches sind dominante Parameter (Sensitivität)? [Bsp. Req.Spec]
  • Wie groß ist der Unsicherheitsfaktor (Confidence Level)?
  • Sichtweise welches Systempartners soll angewandt werden?

Technologiebewertung als Qualifizierungsprozess
  1. Technische Technologiebewertung
    1. Machbarkeit / Funktionalität
    2. Potential
  2. Ökologische Technologiebewertung (Umweltbelastung)
  3. Monetäre Technologiebewertung (Net Present Value - NPV / Internal Rate of Return - IRR)

Differenzierung Flugzeugproduktpalette

Eine Flugzeugproduktpalette lässt sich im Wesentlichen in 2 Dimensionen bewerten:
  • Reichweite
  • Sitzplatzanzahl

Oft (aber nicht immer) gehen bei Flugzeugen mit mehr als 100 Sitzplätzen mehr Sitzplätze und mehr Reichweite miteinander einher.

Listenpreise

Die Listenpreise vieler aktueller Verkehrsflugzeuge mit mehr als 100 Sitzplätzen bewegen sich im Bereich von etwa 75 - 100 Millionen $ (Schmalrumpfflugzeuge mit nur etwas über 100 Sitzplätze) bis etwa 400-450 Millionen $ (Wide Body & Macro Body). Die tatsächlich vom Eigentümer an den Hersteller gezahlten Preise können durch Rabatte oft deutlich darunter liegen.