2. Ressourcen für die Bioökonomie
Dieses Buch bietet einen Überblick über die vielfältige Rohstoffbasis der Bioökonomie.
Lignocellulosehaltige Pflanzen
Struktur und Aufbau
Stärke wird von Pflanzen je nach Bedarf in weitere benötigte Reservestoffe (Fette und Proteine) oder sekundäre Pflanzenstoffe (Gerbstoffe, Alkaloide oder ätherische Öle) chemisch umgewandelt. Diese sekundären Pflanzenstoffe sind für die Bioökonomie ebenfalls sehr interessant und werden daher im Kapitel Pflanzliche Arzneimittel genauer beschrieben. Auch Lignin ist ein solcher sekundärer Pflanzenstoff. Mehrjährige Pflanzen lagern ihn zur Stabilisierung in ihren Zellwänden ein. Wegen dieses Strukturgewebes aus Lignin und Zellulose werden sie als lignozellulosehaltige Pflanzen bezeichnet. Der jeweilige Anteil an Zellulosen, Hemicellulose und Lignin ist von der Art und den Standortbedingungen abhängig. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Zusammensetzung und Eigenschaften wichtiger Lignocellulose-Pflanzen.
Waldholz
Ein wichtiger Lieferant wirtschaftlich bedeutender Mengen an Lignocellulose-Rohstoffen ist die Forstwirtschaft. Die Wälder der Erde erzeugen Holz als Bau- und Werkstoffe, für die Zellstoff- und Papierherstellung oder zur Energieerzeugung. Holz ist eine der wichtigsten vom Menschen verwendeten biobasierten Ressourcen, die bereits vor Jahrtausenden für vielfältigste Anwendungen genutzt wurde.
Der Mensch bewirtschaftet einen Großteil der Wälder der Erde. Urwälder nach Definition der FAO (https://www.fao.org/3/I8661EN/i8661en.pdf) gibt es noch auf 1,11 Mrd. ha, das sind ca. 27 % der gesamten Waldfläche (4.06 Mrd. ha), die ca. 31 % der globalen Landfläche bedecken. Die größten Anteile der Waldflächen befinden sich in tropischen (45 %) und borealen (27 %) Zonen der Erde (FAO 2020). Die folgende Abbildung zeigt den Waldflächenanteil bezogen auf die Gesamtfläche der einzelnen Länder der Erde.
Die geernteten Stämme können in Rundholz, Industrieholz und Zellstoffholz eingeteilt werden, die in erster Linie in der Forstindustrie verarbeitet werden. Nicht alle Teile des Baumes werden an die Holz- und papierverarbeitende Industrie verkauft. Meist verbleiben schwache Baumteile, Äste sowie die Krone im Wald (Waldrestholz) und dienen nach ihrer Verrottung als Dünger für den Waldboden. In zunehmenden Maße sind aber auch diese Sortimente vor allem für die Energiewirtschaft von Interesse. Sie werden häufig als Brennholz verwendet oder sind auch für Bioraffinerien interessant. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass für die Nachlieferung von Nährstoffen und aus anderen ökologischen Gründen (z.B. Biodiversität) genügend Restholz im Wald verbleibt.
Die holzverarbeitende Industrie ist stark auf Nadelholz ausgelegt, da es überwiegend gerade und schnell wächst und durch seine geringere Dichte bei gleichzeitiger Zug- und Biegefestigkeit gute Eigenschaften für Anwendungen im Bau- und Konstruktionsbereich hat. Laubholz wird oft im Möbelbau und Innenausbau verwendet. Aber selbst dort werden oft aus Kostengründen und zur Gewichtsverringerung zunehmend Span- und Faserplatten aus minderwertigen Nadelholzsortimenten verarbeitet.
Weltweit wurden im Jahr 2020 etwa 1,4 Mrd. m³ Nadelrundholz und 2,5 Mrd. m³ Laubholz geerntet (FAOSTAT 2023: https://www.fao.org/faostat/en/#data/FO).
In deutschen Wäldern wachsen im Jahr etwa 117 Mio. m3 Holz (bwi.info: https://bwi.info/start.aspx). Um sich besser vorstellen zu können, wie viel das ist, wird oft auf einen Holzwürfel zurückgegriffen, der den Zuwachs von Holz pro Sekunde greifbar macht. Für Deutschland hätte dieser Würfel eine Kantenlänge von 1,55 Metern.
Lignocellulose-Biomasse kann auch aus Abfallströmen der Landwirtschaft oder Landespflege sowie aus der Industrie oder aus Abbruchmaterialien geliefert werden.
Lignocellulose-Biomasse wird oft als vielversprechender Rohstoff für die Herstellung von Biokraftstoff angesehen, da sie eine reichlich vorhandene Quelle für organisches Material ist, das nicht in direkter Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln steht. Die Lignocellulose-Moleküle können in sauerstofffreier Atmosphäre durch Pyrolyse gecrackt werden, sie können vergast und dann mittels einer Fischer-Tropsch-Synthese verflüssigt werden oder sie können in Zucker und dann in Alkohol umgewandelt werden.