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2. Ressourcen für die Bioökonomie

Website: Hamburg Open Online University
Kurs: Verfahrenstechnik für die Bioökonomie
Buch: 2. Ressourcen für die Bioökonomie
Gedruckt von: Gast
Datum: Samstag, 23. November 2024, 10:31

Beschreibung

Dieses Buch bietet einen Überblick über die vielfältige Rohstoffbasis der Bioökonomie.

2. Ressourcen für die Bioökonomie

 

Die Ausgangsbasis

 

Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, basiert die Bioökonomie auf organischen Ausgangsstoffen, die Tieren, Pflanzen, Pilzen, Algen oder Mikroorganismen entstammen. Diese sogenannte Biomasse, aber auch deren Überbleibsel und Abfälle können zur Erzeugung von Energie oder neuen Produkten verwendet werden. Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die vielfältige Rohstoffbasis der Bioökonomie.

 

Überblick Bioressourcen
Überblick Bioressourcen von Anne Rödl (CC BY)


Zunächst einmal die wichtigsten Basisressourcen, ohne die es keine pflanzliche oder tierische Produktion gibt:

 

  • Land
  • Wasser
  • Nährstoffe

 

Des Weiteren können ohne den Einsatz von menschlicher Arbeitskraft, Technologie und Infrastrukturen biobasierte Produkte nicht im großen Maßstab erzeugt werden. Der Mensch hat den Ertrag von Pflanzen durch Züchtung gesteigert und durch maschinelle Bewirtschaftung weiter erhöht. Ohne diese Ressourcen könnte die hohe Anzahl an Menschen auf der Erde nicht ernährt und mit Produkten versorgt werden.

Was solltest Du wissen?
  • Allein 4 Nutzpflanzen (Zuckerohr, Mais, Getreide und Reis) erzeugen über die Hälfte der landwirtschaftlichen Erntemenge weltweit
  • In den USA, dem größten Bioethanolproduzenten, wird Bioethanol hauptsächlich aus Mais hergestellt
  • Die wichtigste Ölpflanze mit den höchsten Erträgen pro Flächeneinheit ist die Ölpalme

 

 

 

2.1 Pflanzlicher Ursprung 

Pflanzen bauen durch Photosynthese mit Hilfe von Sonnenlicht organische Stoffe (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße) aus Kohlendioxid und Wasser auf. Somit sind Pflanzen als Primärproduzenten die wichtigste Rohstoffquelle der Bioökonomie. Pflanzenteile und deren Früchte dienen vor allem als Nahrungs- und Futtermittel, werden aber auch zur Erzeugung von Baustoffen, Textilien, Energie, Arzneimitteln oder Papier verarbeitet. 
 
Die 10 Kulturen mit der größten geernteten Menge weltweit sind Zuckerrohr, Mais, Weizen, Reis, Ölpalmen, Kartoffeln, Sojabohnen, Maniok und Gemüse (FAOSTAT 2022). Wobei Zuckerrohr, Mais, Reis und Weizen die Hälfte der weltweiten landwirtschaftlichen Primärproduktion ausmachen. Diese Kulturen werden hauptsächlich als Nahrungsquellen angebaut. Zuckerrohr, Mais, Palmöl, Soja und Weizen werden aber zunehmend auch als Rohstoffe zur Brenn- bzw. Kraftstofferzeugung eingesetzt. Insgesamt ist der weltweite Anbau von Primärkulturen, Ölpflanzen, Früchten und Gemüse in den letzten zwanzig Jahren stark angestiegen (FAO 2022). 

 

Landwirtschaftlicher Anbau 

Zucker- und stärkehaltige landwirtschaftliche Kulturen machen den größten Teil der weltweit angebauten Nutzpflanzen aus. Die vier Kulturen Zuckerrohr, Mais, Reis und Weizen erzeugen die Hälfte der weltweiten Erntemenge. 2021 wurden weltweit 9,5 Mrd. t Feldfrüchte erzeugt (FAO 2022). Das folgende Diagramm zeigt die Verteilung auf die verschiedenen Pflanzengruppen.
 

Tortendiagramm zur Landwirtschaftlichen Produktion
Landwirtschaftliche Produktion von Anne Rödl (CC BY)


 

In Deutschland werden auf ungefähr 46 % der 35,8 Mio. ha Gesamtfläche Landwirtschaft betrieben (FNR 2021). Auf etwa 16 % dieser landwirtschaftlich genutzten Fläche werden Pflanzen für industrielle oder energetische Zwecke angebaut. Das sind rund 2,6 Mio. Hektar.
 
Tortendiagramme zur Flächennutzung in Deutschland
Flächennutzung in Deutschland von Anne Rödl (CC BY)

 

 

 

Ein Großteil der 2,6 Mio. ha Anbaufläche für Industrie- und Energiepflanzen wird Mais zur Herstellung von Biogas angebaut. Aber auch die Anbauflächen für Pflanzen zur Herstellung von Biodiesel und Bioethanol nehmen große Teile ein (FNR 2022).
 
Statistik zum Anbau von Industriepflanzen
Anbau von Industriepflanzen von Anne Rödl (CC BY)
Einen schönen Überblick über die Struktur der in Deutschland in der Landwirtschaft angebauten nachwachsenden Rohstoffe, die nicht für Nahrungsmittel verwendet werden, bietet dieser Bericht der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR 2022): 
https://www.fnr.de/ftp/pdf/berichte/22004416.pdf

 

Bedeutende Pflanzengruppen

Man kann anhand der hauptsächlich genutzten organischen Inhaltsstoffe der Pflanzen unterscheiden:

  •     Zucker- und stärkehaltige Pflanzen
  •     Proteinpflanzen
  •     Ölpflanzen
  •     Lignocellulosehaltige Pflanzen
  •     Arzneipflanzen, kosmetisch genutzte Pflanzen

Aber auch pflanzliche Abfall- und Reststoffe werden zunehmend stofflich oder energetisch verwertet.

Einen Überblick, welche Abfälle und Nebenprodukte aus der Landwirtschaft für Bioraffinerieprozesse verwendet werden können, bietet dieser englischsprachige Artikel: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fenrg.2020.00152/full
 
Bioabfall
Bioabfall von Anne Rödl (CC BY)

Zucker

Pflanzen synthetisieren mithilfe des Sonnenlichts bei der Photosysnthese direkt einfache Zucker wie Fructose und Glucose aus Wasser und Kohlendioxid. Vom Wasser wird Wasserstoff abgespalten, wobei Sauerstoff entsteht. Der Wasserstoff wird auf das Kohlendioxid übertragen und in einer Kohlenstoffverbindung festgelegt.
 
Chemische Struktur von Saccharose
Saccharose von Anne Rödl (CC BY)

 

Wichtige zuckerhaltige Nutzpflanzen

 
Wichtige zuckerhaltige Nutzpflanzen, die beträchtliche Anbauflächen weltweit einnehmen, sind Zuckerrohr und Zuckerrübe.
1,9 Milliarden Tonnen Zuckerrohr und 270 Millionen Tonnen Zuckerüben wurden 2021 weltweit erzeugt (FAO 2022). Wichtige Anbauländer für Zuckerrohr sind Brasilien (38 %) und Indien (22 %), die zusammen 60 % der gesamten Erntemenge erzeugen (FAO 2022). In Brasilien werden ca. 45 % des erzeugten Zuckerrohrs für die Herstellung von Bioethanol eingesetzt (https://encyclopedia.pub/entry/17495).
Weltweite Bioethanolproduktion 2021: 104,5 Mrd.l (https://www.isosugar.org/sugarsector/ethanol). Davon insgesamt ca. 25 % aus Zuckerrohr (Hoang 2021, https://encyclopedia.pub/entry/17495)
Zuckerrüben werden vor allem in Russland, Frankreich, USA, Deutschland und der Türkei angebaut. Sie werden vor allem zu Zucker verarbeitet. In Deutschland wurden 2021 ca. 31,9 Mio. t Zuckerrüben erzeugt (BLE 2022). Ein Teil der angebauten Zuckerrüben wird aber auch zur Ethanol- oder Biogasherstellung verwendet. In Deutschland wurden 2021 ca. 1,3 Mio. t Zuckerrüben bei der Ethanolherstellung eingesetzt und etwa genauso viel für die Biogasherstellung (FNR 2022).

Die Vielfalt der Produkte aus Zuckerrübe wird auf dieser Internetseite gezeigt: https://www.zuckerverbaende.de/wir-sind-zucker/verarbeitung-der-zuckerruebe/verwertung-der-zuckerruebe/

Statistische Daten zum Anbau und der Verwendung von Zuckerrüben in Deutschland sind in diesem Bericht der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft zusammengefasst:
https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/BZL/Daten-Berichte/Zucker/2022BerichtZucker.pdf?__blob=publicationFile&v=2
 
Zuckerrohr und Zuckerrübe
Zuckerrohr und Zuckerrübe von Anne Rödl (CC BY)

 

 

Stärke

 
Aus der Glukose synthetisiert die Pflanze zügig Stärke, da diese besser gespeichert werden kann und die osmotischen Verhältnisse nicht negativ beeinflusst. Stärke besteht aus zahlreichen Glukoseeinheiten, die über glykosidische Bindungen zu Amylose oder Amylopektin verknüpft sind.
 
Chemische Struktur von Stärke
Stärke von Anne Rödl (CC BY)

 



Wichtige stärkehaltige Nutzpflanzen 

 
Wichtige stärkehaltige Nutzpflanzen, die einen Großteil der weltweiten Anbauflächen einnehmen, sind die Getreidearten Mais, Reis und Weizen. 
 

Mais 

Mais nimmt mit Abstand den größten Teil der insgesamt geernteten Getreidemenge ein und betrug 2021 weltweit 1,2 Mrd. t. Etwa 31 % dieser Menge (ca. 384 Mio. t) wurden allein in den USA produziert. Weiter wichtige Anbauländer sind China und Brasilien. Der Anbau von Mais ist in den letzten Jahren stark ausgeweitet worden, was vor allem mit seiner Verwendung für die Bioethanol- und Biogaserzeugung sowie als Futtermittel zusammenhängt (FAO 2022). Vor allem in den USA wird der größte Teil des erzeugten Bioethanols aus Mais hergestellt. Die USA stellten 2021 fast 57 Mrd. l Bioethanol her, wovon 93,8 % aus Mais erzeugt wurden (RFA 2022, S.25: https://d35t1syewk4d42.cloudfront.net/file/2145/RFA%202022%20Outlook.pdf) Dafür wurden 127 Mio.t Mais eingesetzt (USDA 2023, Feed Grains Yearbook: https://www.ers.usda.gov/data-products/feed-grains-database/feed-grains-yearbook-tables/). Mit einem Anteil von 55 % der weltweiten Ethanolproduktion ist die USA der größte Hersteller von Bioethanol. Man kann also sagen, dass der größte Teil des weltweit verfügbaren Bioethanols aus Mais erzeugt wird.
Getreide
Getreide von Anne Rödl (CC BY)
Reis
60 % des weltweit erzeugten Reises (2021: 787 Mio. t) werden in China (27 %), Indien (25 %) und Bangladesch (7 %) angebaut. Reis wird vor allem für die Lebensmittelproduktion verwendet.

Weizen
Der Weizenanbau konzentriert sich nicht so stark auf einzelne Produktionsländer. Hier verteilen sich lediglich 40 % der weltweit erzeugten Menge von 787 Mio. t auf die drei Ländern China (18 %), Indien (14 %) und Russland (10 %). Die restlichen 60 % werden in verschiedenen anderen Teilen der Erde produziert. Die in China und Indien erzeugten Mengen werden auch dort konsumiert, während Russland, USA, Kanada, die EU und die Ukraine große Teile ihrer Produktion exportieren (Wolf et al. 2018)
Etwa 80 % des Weizens werden für die Nahrungsmittelproduktion eingesetzt, der Rest für industrielle Anwendungen oder als Tierfutter.
In Deutschland wurden 2021 auf 2,9 Mio. ha etwa 21,5 Mio. t Weizen angebaut. Etwa 3 % dieser Menge wurde für die Bioethanolherstellung verwendet (FAOSTAT 2022 und FNR 2022).
 
Statistik: Weltweite Getreideproduktion 2000-2021
Weltweite Getreideproduktion 2000-2021 von Anne Rödl (CC BY)

Eine detaillierte Beschreibung der chemischen Struktur zucker- und stärkehaltiger Pflanzen sowie wirtschaftlich bedeutender Vertreter findet sich im Kapitel 1.1 des Lernangebots zu zukunftsweisenden Kraftstoffen auf der HOOU Plattform: https://learn.hoou.de/course/view.php?id=180

Proteinpflanzen

Proteine sind über Peptidbindungen miteinander verknüpfte Aminosäuremoleküle. Um diese aufzubauen, benötigen Pflanzen Stickstoff.

Chemische Bausteine eines Proteins
Protein von Anne Rödl (CC BY)

 

 

Proteinpflanzen, werden hauptsächlich wegen ihrer Früchte oder Samen mit hohem Proteinanteil kultiviert und als Nahrungs- oder Futtermittel eingesetzt. Die wichtigsten Kulturen sind aus der Familie der Leguminosen, also der Schmetterlingsblütler. Dazu gehören z.B. Erbsen, Bohnen, Linsen oder Soja, die meist mit dem Namen ihrer übergeordneten Familie als Hülsenfrüchte bezeichnet werden.

 

Im Jahr 2021 wurden auf mehr als 95 Mio. ha Hülsenfrüchte angebaut. Den größten Anteil daran haben Bohnen (38 %), Kichererbsen (16 %) und Augenbohne (16 %), die vor allem wärmeren Gebieten in Afrika, Lateinamerika und Südostasien angebaut wird. Von diesen Flächen wurden 2021 weltweit fast 89 Mio. t Hülsenfrüchte geerntet. Die größten Anteile an dieser Erntemenge entfielen dabei auf Bohnen (31 %), Kichererbsen (18 %), Erbsen (14 %) und Augenbohnen (10 %).

Hülsenfrüchte
Hülsenfrüchte von Anne Rödl (CC BY)

 

 

Ölhaltige Pflanzen

Chemie der Öle und Fette

Chemisch gesehen sind Öle und Fette Ester des Glycerins und drei Fettsäureeinheiten (Triglycerid). Sie bestehen aus 8 und 24 Kohlenstoffatomen, Wasserstoff und Sauerstoff.

Chemische Struktur von Fettsäuren
Fett von Anne Rödl, Joy Sheng (CC BY-NC-SA)

 

 

 

 

Öle und Fette haben die gleiche allgemeine chemische Struktur, aber Öle sind unter Standardbedingungen (25 °C) flüssig und Fette sind fest. Oft sind Öle pflanzlichen Ursprungs und Fette tierischen Ursprungs.

Öle und Fette sind Stoffgemische und haben keinen genauen Schmelzpunkt, sondern einen Schmelzbereich. Sie sind in Wasser unlöslich.

Man spricht von gesättigten Fettsäuren, wenn die Kohlenstoffatome über Einfachbindungen verbunden sind.

Chemische Struktur der Palmitinsäure
Palmitinsäure von Anne Rödl (CC 0)


Ungesättigte Fettsäuren enthalten einfache oder mehrfache Kohlenstoff-Doppelbindungen.
Chemische Struktur der Ölsäure
Ölsäure von Anne Rödl (CC 0)

Öle und Fette dienen als Energieträger oder Energiespeicher in Pflanzen, aber auch als Lösungsmittel für fettlösliche Vitamine. Pflanzen speichern Öl oft in Samen und manchmal im Fruchtfleisch. Von dort kann es extrahiert werden.

 

 

 

Anbau

Die weltweite Anbaufläche von Ölpflanzen betrug 2021 rund 338 Mio. Hektar, mit einer Erntemenge von 1,2 Mrd. Tonnen.

Sojabohnen sind nicht nur Proteinlieferanten, sondern auch ein sehr bedeutender Öllieferant. Soja wurde 2021 auf fast 130 Mio. ha weltweit angebaut (FAOSTAT 2022) und dabei 373 Mio. t Soja erzeugt.

 Die größten Anbauländer sind Brasilien, USA und Argentinien. Sie produzieren zusammen über 80 % der weltweiten Sojamenge.

Tortendiagramm: Anbau von Ölpflanzen: Anbaufläche und Produktion
Anbau von Ölpflanzen von Anne Rödl (CC BY)


Da sich die Ölpflanzen stark in ihren Erträgen pro Hektar unterscheiden, ergibt sich bei Betrachtung der produzierten Mengen ein etwas andere Verteilung. Ölpalmen haben einen viel höheren spezifischen Ertrag als andere Ölpflanzen und stellen daher den Hauptteil der weltweit erzeugten Erntemenge. Ölpalmen wurden auf knapp 29 Mio. ha weltweit angebaut, erzeugten dabei 416 Mio. t Ölfrüchte. Die wichtigsten Erzeugerländer mit zusammen 87 % der weltweiten Produktionsmenge sind Indonesien, Malaysia und Thailand (FAO 2022). Baumwollsamen werden vor allem in China, Indien und den USA angebaut.

 

 

Ein noch ausführlicheres Porträt der wichtigsten Ölpflanzen sowie der Ölerzeugung findet sich im Kapitel 1.2 des Lernangebots Zukunftsweisende Kraftstoffe auf der HOOU Plattform. 

 

Lignocellulosehaltige Pflanzen

Struktur und Aufbau

Stärke wird von Pflanzen je nach Bedarf in weitere benötigte Reservestoffe (Fette und Proteine) oder sekundäre Pflanzenstoffe (Gerbstoffe, Alkaloide oder ätherische Öle) chemisch umgewandelt. Diese sekundären Pflanzenstoffe sind für die Bioökonomie ebenfalls sehr interessant und werden daher im Kapitel Pflanzliche Arzneimittel genauer beschrieben. Auch Lignin ist ein solcher sekundärer Pflanzenstoff. Mehrjährige Pflanzen lagern ihn zur Stabilisierung in ihren Zellwänden ein. Wegen dieses Strukturgewebes aus Lignin und Zellulose werden sie als lignozellulosehaltige Pflanzen bezeichnet. Der jeweilige Anteil an Zellulosen, Hemicellulose und Lignin ist von der Art und den Standortbedingungen abhängig. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über Zusammensetzung und Eigenschaften wichtiger Lignocellulose-Pflanzen.

Tabelle zu Eigenschaften von Lignocellulose-Pflanzen
Eigenschaften Lignocellulose-Pflanzen von Anne Rödl (CC BY)

 

 

 

 

Waldholz

Ein wichtiger Lieferant wirtschaftlich bedeutender Mengen an Lignocellulose-Rohstoffen ist die Forstwirtschaft. Die Wälder der Erde erzeugen Holz als Bau- und Werkstoffe, für die Zellstoff- und Papierherstellung oder zur Energieerzeugung. Holz ist eine der wichtigsten vom Menschen verwendeten biobasierten Ressourcen, die bereits vor Jahrtausenden für vielfältigste Anwendungen genutzt wurde.

Der Mensch bewirtschaftet einen Großteil der Wälder der Erde. Urwälder nach Definition der FAO (https://www.fao.org/3/I8661EN/i8661en.pdf) gibt es noch auf 1,11 Mrd. ha, das sind ca. 27 % der gesamten Waldfläche (4.06 Mrd. ha), die ca. 31 % der globalen Landfläche bedecken. Die größten Anteile der Waldflächen befinden sich in tropischen (45 %) und borealen (27 %) Zonen der Erde (FAO 2020). Die folgende Abbildung zeigt den Waldflächenanteil bezogen auf die Gesamtfläche der einzelnen Länder der Erde.

Karte zur Waldbedeckung der Erde
Waldbedeckung der Erde von Anne Rödl (CC BY)


In bewirtschafteten Wäldern managt der Mensch die Zusammensetzung der Baumarten, den Wuchs und die Qualität der Bäume durch verschiedene waldbauliche Eingriffe, wie:
  • Aussaat, Pflanzung oder Förderung der natürlichen Verjüngung
  • Freischneiden, Durchforstung oder Astung zur Verringerung der Bestandsdichte und Qualitätsverbesserung der verbleibenden Bäume
  • Erntemaßnahmen

 

 

 

Die geernteten Stämme können in Rundholz, Industrieholz und Zellstoffholz eingeteilt werden, die in erster Linie in der Forstindustrie verarbeitet werden. Nicht alle Teile des Baumes werden an die Holz- und papierverarbeitende Industrie verkauft. Meist verbleiben schwache Baumteile, Äste sowie die Krone im Wald (Waldrestholz) und dienen nach ihrer Verrottung als Dünger für den Waldboden. In zunehmenden Maße sind aber auch diese Sortimente vor allem für die Energiewirtschaft von Interesse. Sie werden häufig als Brennholz verwendet oder sind auch für Bioraffinerien interessant. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass für die Nachlieferung von Nährstoffen und aus anderen ökologischen Gründen (z.B. Biodiversität) genügend Restholz im Wald verbleibt.

 Die holzverarbeitende Industrie ist stark auf Nadelholz ausgelegt, da es überwiegend gerade und schnell wächst und durch seine geringere Dichte bei gleichzeitiger Zug- und Biegefestigkeit gute Eigenschaften für Anwendungen im Bau- und Konstruktionsbereich hat. Laubholz wird oft im Möbelbau und Innenausbau verwendet. Aber selbst dort werden oft aus Kostengründen und zur Gewichtsverringerung zunehmend Span- und Faserplatten aus minderwertigen Nadelholzsortimenten verarbeitet.

 

Weltweit wurden im Jahr 2020 etwa 1,4 Mrd. m³ Nadelrundholz und 2,5 Mrd. m³ Laubholz geerntet (FAOSTAT 2023: https://www.fao.org/faostat/en/#data/FO).

 

In deutschen Wäldern wachsen im Jahr etwa 117 Mio. m3 Holz (bwi.info: https://bwi.info/start.aspx). Um sich besser vorstellen zu können, wie viel das ist, wird oft auf einen Holzwürfel zurückgegriffen, der den Zuwachs von Holz pro Sekunde greifbar macht. Für Deutschland hätte dieser Würfel eine Kantenlänge von 1,55 Metern.

Grafik Zuwachswürfel
Zuwachswürfel von Anne Rödl (CC BY)


In einigen Regionen werden Bäume vor allem in Plantagen angebaut. In Südamerika machen Plantagen 99 % der angepflanzten Wälder (FAO Definition “Planted Forests" https://www.fao.org/3/I8661EN/i8661en.pdf) aus, in Europa dagegen gerade einmal 6 % (FAO 2020). Eine Plantage wird meist mit nur einer Baumart, im selben Alter und in regelmäßiger Anordnung angelegt und dient meist der schnellen Erzeugung von Holz zur Faser- (für die Zellstoffherstellung) oder Energiegewinnung (FAO Definition “Plantation Forest” https://www.fao.org/3/I8661EN/i8661en.pdf).

 

 

Lignocellulose-Biomasse kann auch aus Abfallströmen der Landwirtschaft oder Landespflege sowie aus der Industrie oder aus Abbruchmaterialien geliefert werden.

 Lignocellulose-Biomasse wird oft als vielversprechender Rohstoff für die Herstellung von Biokraftstoff angesehen, da sie eine reichlich vorhandene Quelle für organisches Material ist, das nicht in direkter Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln steht. Die Lignocellulose-Moleküle können in sauerstofffreier Atmosphäre durch Pyrolyse gecrackt werden, sie können vergast und dann mittels einer Fischer-Tropsch-Synthese verflüssigt werden oder sie können in Zucker und dann in Alkohol umgewandelt werden.

Tierischer Ursprung

In ihren Geweben bauen Tiere durch Verstoffwechslung ihrer Nahrung Proteine und Fette auf, die wiederum Mensch und Tier als Nahrung dienen können. Außerdem produzieren Tiere unterschiedliche Produkte, die vom Menschen genutzt werden, wie zum Beispiel Honig, Milch, Eier oder Wolle. Aber auch Ausscheidungsprodukte oder Überbleibsel (Häute oder Knochen) werden auf vielfältige Art genutzt. Meist werden Rohstoffe tierischen Ursprungs in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie verwendet. Reststoffe finden aber auch als Düngemittel oder bei der Biogaserzeugung Verwendung. Ein relativ neuer Zweig ist die Erzeugung und Nutzung von Insekten als Proteinquelle für Mensch und Tier. Die EU hat 2021 z.B. Mehlwürmer als “Novel Food” (Neuartiges Lebensmittel) zugelassen.


Aktuelle Liste der in der EU zugelassenen „Neuartigen Lebensmittel“


Mehr Informationen zum Thema Insekten als Proteinquelle sind im Buch 4 zu finden.

Blick über den Tellerrand

Was sind Alternative Proteine?

Alternative Proteine sind von Algen oder Pilzen produzierte Proteine, stammen von Insekten oder werden im Labor aus Zellen kultiviert. Sie werden zur Herstellung von Fleischersatzprodukten, Tiernahrung oder als Milchalternative verwendet.

Dieser Zweig der Bioökonomie erhält aus verschiedenen Gründen immer mehr Aufmerksamkeit. Ein Beweggrund ist die Sorge um die zukünftige Nahrungsmittelversorgung einer wachsenden Weltbevölkerung, ein anderer, ethische und ökologische Bedenken gegenüber konventionellen Fleisch- und Milchprodukten sowie der Trend zum Vegetar- oder Veganismus.

 

Ein Start-up, das von Absolventen Technischen Universität Hamburg gegründet wurde, erzeugt mithilfe von Bakterien qualitativ hochwertige Proteine für Nahrungs- und Futtermittel: https://microharvest.com/technology/

Mikroorganismen von www.europeana.eu (CC BY-SA)