Die Gemeinwohl-Matrix für Gemeinden im Detail
Site: | Hamburg Open Online University |
Course: | Einführung in die Gemeinwohl-Ökonomie |
Book: | Die Gemeinwohl-Matrix für Gemeinden im Detail |
Printed by: | Gast |
Date: | Sunday, 5 October 2025, 10:18 PM |
Description
Jetzt steigen wir in die Tiefe der Gemeinwohl-Bilanz für Gemeinden und der dazugehörigen Matrix ein. Wir erläutern euch alle Wertesäulen, Stakeholder:innen, Staatsprinzipien und zeigen euch, wie genau die Matrix funktioniert und eingesetzt werden kann.
2. A Lieferant:innen und Dienstleister:innen
tbd
3. B Finanzpartner:innen und Geldgeber:innen
4. C Politische Führung, Verwaltung und koordinierte Ehrenamtliche
5. D Bevölkerung und Wirtschaft
6. E Staat, Gesellschaft, Natur
7. Nutzen der Gemeinwohl-Ökonomie für Gemeinden
Bisher haben europaweit 19 Gemeinden (Deutschland: 9, Österreich: 2, Spanien: 3, Italien: 4; Luxemburg: 1; Stand: Oktober 2022) einen Bilanzierungsprozess durchlaufen. Sie beurteilen diesen Prozess inhaltlich sehr positiv, bemängeln hingegen den damit verbundenen Zeitaufwand.
Stellvertretend für die bilanzierten Gemeinden wird hier das Fazit der Stadt Willebadessen wiedergegeben:
„Nicht das Ergebnis der Gemeinwohlbilanz der Stadt Willebadessen ist ausschlaggebend, sondern die Tatsache, dass sich durch den Bilanzierungsprozess ein neues Denken manifestiert hat. Diese neue Betrachtungsweise der täglichen Arbeit und die Reflexion der ganz persönlichen Einstellungen soll in jedem Fall weitergegeben und weiterentwickelt werden. Die Formulierung des § 1 Absatz 1 Satz 2 und 3 der Gemeindeordnung NRW, „[Die Gemeinden] […] fördern das Wohl der Einwohner in freier Selbstverwaltung durch ihre von der Bürgerschaft gewählten Organe. Sie handeln zugleich in Verantwortung für die zukünftigen Generationen.“ hat in der Verwaltung der Stadt Willebadessen durch die Gemeinwohlbilanzierung eine ganz neue Ausprägung erfahren. Diese neue Ausprägung wird unser Handeln bestimmen“ (Stadt Willebadessen 2020: 67)."
Folgende Erkenntnisse können aus den bisherigen Bilanzierungsprozessen mit Gemeinden abgeleitet werden:
- Die Gemeinden bekamen einen 360°-Überblick über ihr verwaltungsmäßiges Handeln, und es wurde durch den politischen Beschluss der jeweiligen Gemeinderäte den kommunalen Verwaltungen ein Kompass für ihr zukünftiges Verhalten zur Verfügung gestellt, der aufzeigte, wie sie in der Ausgestaltung der Daseinsfürsorge im Sinne ihrer Bürger:innen handeln können (vgl. Matrix-Entwicklungsteam 2020: 11).
- Im Spannungsfeld wirtschaftlicher Solidität, möglichst schuldenfrei ihre Aufgaben zu bewältigen und einer sozialökologisch ausgerichteten Daseinsfürsorge, haben die beteiligten Gemeindevertreter:innen festgestellt, dass in ihren Entscheidungen und Maßnahmen die Gesichtspunkte der Daseinsfürsorge substanzieller berücksichtigt werden müssen.
- In den Gemeinden fehlen Wissen und fachliche Kompetenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit, z. B. im öffentlichen Beschaffungswesen, um nachhaltige Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen. Eine Einbeziehung von ökologischen und sozialen Kriterien beim Einkauf von Gütern und Dienstleistungen ist mittlerweile rechtlich möglich, wird aber aufgrund von Nichtwissen und des immer noch herrschenden Preisdiktats bei der Beschaffung nicht berücksichtigt.
- Da die Verwaltung in der kommunalen Selbstverwaltung eher ein ausführendes Organ ist, kommt es bei der Entscheidung über gemeinsame Werte und Nachhaltigkeitskriterien auf die parteiübergreifende Zustimmung der politischen Mandatsträger:innen an (vgl. Butscher et al. 2021: 155). „Kommunales Handeln gleicht einem Flickenteppich aus Themen, Maßnahmenplänen und Beschlüssen“ (Butscher et al. 2021: 155).
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Durch die Reflexion des Wertes „Transparenz und Demokratie“ (A5 – E5) bekamen die Gemeindeverwaltungen Impulse und Anregungen, aktiv die Unterstützung all ihrer Berührungsgruppen zu gewinnen und dabei eine nachhaltige Pionierrolle zu übernehmen (vgl. Matrix-Entwicklungsteam 2020: 11).
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Durch die Bilanzierungen hat sich ein nachhaltiges Denken und Handeln als strategische Zielsetzung durchgesetzt und sich als Wertegerüst und Instrumentenkoffer zur Umsetzung der SDGs auf kommunaler Ebene bewährt (vgl. Butscher et al. 2021: 153; vgl. Schweizer 2022: 86).
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Um sich als Wertekompass des kommunalpolitischen Handelns zu etablieren, wird es notwendig sein, dass Gemeinwohlbilanzierungen an Rechtsfolgen gekoppelt werden, z. B. an Steuervergünstigungen und sonstige materielle Vorteile. Diese Anreize sind notwendig, um eine Hebelwirkung für eine gemeinwohlorientierte Wirtschaftspolitik zu erzielen.