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8. Biogaserzeugung

 

8.3 Biogas Anlagentechnik

 
Grundsätzlich lassen sich Biogasanlagen in 2 übergeordneten Gruppen (Nassfermentation sowie Trockenfermentation) einteilen; dabei existieren keine scharfen Grenzen zwischen den Verfahren und innerhalb beider übergeordneten Gruppen existiert eine Vielzahl an Ausgestaltungsmöglichkeiten. 

In jedem Fall ist die Grundlage für eine erfolgreiche anaerobe Fermentation die Konditionierung der zu vergärenden Biomasse (Substrat). Je nach eingesetzter Fermentationstechnik kann diese variieren. Gängige Konditionierungsschritte sind dabei:

  • eine Rohstoffreinigung, in welcher Störstoffe (z. B. Sand, Steine, Werkzeugteile) abgetrennt werden,
  • eine Rohstoffzerkleinerung, um die Nährstoffe für die Mikroorganismen leichter zugänglich zu machen und wenn notwendig
  • eine Rohstofflagerung, welche mit Blick auf die spätere anaerobe Vergärung ebenfalls unter Sauerstoffausschluss (anaerob) ausgeführt wird, um so aerobe Abbauprozesse zu verhindern.
Zusätzlich ist darauf zu achten, dass keine Stoffe, welche das Bakterienwachstum hemmen können (wie z. B. Desinfektionsmittel aus der tierproduktverarbeitenden Industrie), im Substrat enthalten sind. 

Unter der Nassfermentation werden Fermentationsverfahren verstanden, bei denen der Trockengehalt des Substrates im Reaktor bei maximal 15 bis 20 % bezogen auf die Frischmasse liegt. Das Schema einer Nassfermentationsanlage in Rührkesselreaktorbauweise ist in folgender Abbildung dargestellt.
 
Schema eines Nass-Fermenters in Rührkesselreaktor Bauweise
Schema eines Nass-Fermenters in Rührkesselreaktor Bauweise von Kaltschmitt et al. (2016) - Energie aus Biomasse (CC BY-SA)


Systemtechnisch ist bei dem Substrateintrag, der sogenannten Beschickung, eine kontinuierliche Lösung zu bevorzugen. Dies wird für pumpfähige Substrate über elektrische Pumpen und für stapelbare Substrate über beispielsweise Förderschnecken, Schubböden oder auch Einspülungen realisiert. Bei der Beschickung ist darauf zu achten, dass die Temperaturdifferenz zwischen Reaktorinhalt und Substrat nicht zu groß ist, um den anaeroben Abbau nicht zu stören.

Für das Aufrechterhalten der Massenbilanz im Reaktor muss dieselbe Menge an Gärresten und an Biogas aus dem Reaktor abgeführt werden, wie diesem als Substrat zugeführt wird. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Verweilzeit des Substrates im Reaktor mindestens gleich groß wie die Verdoppelungsrate der Mikroorganismen ist, da deren Konzentration im Reaktor sonst kontinuierlich abnehmen würde.

Weiterhin muss verhindert werden, dass das zugeführte Substrat direkt wieder ausgetragen wird. In dem in Abbildung (Schema eines Nass-Fermenters ) dargestellten Reaktor wird dies über den räumlich getrennten Ein- und Austrag des Substrats realisiert. Eine vollständige Verhinderung von Direktausträgen ist jedoch aufgrund von Mikroströmungen im Reaktor nicht möglich; die sofort wieder ausgetragenen Substratmengen sind in den meisten Fällen aber vernachlässigbar gering.

Um den Mikroorganismen jederzeit abbaubare Biomasse zur Verfügung zu stellen und um eine gleichmäßige Temperaturverteilung zu gewährleisten, werden in den Reaktoren Durchmischungssysteme eingebaut. In Abbildung (Schema eines Nass-Fermenters ) wird dies durch Propellerrührwerke realisiert. Weitere Möglichkeiten zur Durchmischung sind unter anderem Substratpumpen, Gasdurchmischungen oder Großflügelrührwerke.

Das Biogas wird im Kopfbereich des Reaktors gesammelt und kann von dort aus extrahiert werden. Oft sind die Reaktoren mit einem integrierten Biogasspeicher ausgestattet, um eine variable Biogasextraktion zu ermöglichen.

Eine weitere Art der Gärtechnik ist die Trockenfermentation, auch Feststofffermentation genannt. Dabei werden im Gegensatz zur Nassfermentation nur stapelbare Biomassen mit einem Trockengehalt größer 15-20 % fermentiert. Die Beschickung kann diskontinuierlich, aber auch kontinuierlich geschehen. Beide Varianten sind schematisch in nachfolgender Abbildung dargestellt.
Schema Trockenfermentation
Schema Trockenfermentation von Kaltschmitt et al. (2016) - Energie aus Biomasse (CC BY-SA)


Bei der diskontinuierlichen Fermentation wird die Biomasse beispielsweise mithilfe eines Frontladers in den Boxen- oder Garagenfermenter (Abbildung (Schema Trockenfermentation), rechts) eingebracht und anschließend wird der Fermenter gasdicht verschlossen.

Die anaerobe Fermentation wird durch die Rezirkulation des Sickerwassers unterstützt. Das Sickerwasser, in welchem Mikroorganismen und organische Stoffe enthalten sind, wird zunächst in einem Tank gespeichert - anschließend wird das Substrat mit diesem Sickerwasser beregnet. Das Sickerwasser wird auch als Perkolat bezeichnet (per Definition handelt es sich dabei um eine Flüssigkeit, die durch einen Feststoff fließt). Durch das Beregnen mit Perkolat kommt es zu einer Vermischung von Mikroorganismen und frischem Substrat. Eine weitere mechanische Durchmischung des Substrates findet nicht statt. 

 
Um den Start des anaeroben Prozesses zu beschleunigen, wird dem unvergorenen Substrat meist teilvergorenes Material beigemischt. Das entstehende Biogas wird im Kopfbereich des Fermenters aufgefangen und abgeführt. Ist die gewünschte Menge an Biogas erzeugt und die Fermentation des Substrates zur Zufriedenheit des Anlagenbetreibers abgeschlossen, wird der Reaktor geöffnet, das vergorene Substrat entladen und der Reaktor mit neuer Biomasse befüllt.

Die Trockenfermentation kann auch kontinuierlich ausgeführt werden, was prozesstechnische Vorteile mit sich bringt. Häufig werden kontinuierliche Trockenfermentationen mittels Pfropfenstromfermentern umgesetzt. Pfropfenstromfermenter können horizontal oder vertikal ausgeführt werden. Dabei wird die stapelbare Biomasse am Eintrag des Reaktors kontinuierlich zugeführt und die festen Gärreste am Austrag des Reaktors abgeführt. In Abbildung (Schema Trockenfermentation) (links) ist das Schema eines Aufstrom-Pfropfenstromreaktors dargestellt, bei dem die feste, stapelbare Biomasse von unten zugeführt wird und die Gärreste im Kopf des Reaktors abgeführt werden. Die bei der anaeroben Fermentation entstehenden Flüssigkeiten, in welchen auch Fettsäuren gelöst sind, werden in einen zweiten Reaktor abgelassen (in Abbildung (Schema Trockenfermentation) als Festbettreaktor ausgeführt). Sowohl im Hauptreaktor als auch im Flüssigkeits-Reaktor entsteht Biogas, welches sich jeweils im Kopfbereich sammelt und von dort aus abgeführt wird. Zur Unterstützung der anaeroben Fermentation wird die Flüssigkeit des Flüssigkeits-Reaktors wieder zurück in den Hauptreaktor geleitet, um so die Mikroorganismen möglichst effizient in Kontakt mit dem unvergorenen Substrat zu bringen. Auch in diesem Fall wird auf eine zusätzliche mechanische Durchmischung des Substrates verzichtet