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Zur Ideengeschichte der Gemeinwohl-Ökonomie

2. Heutige Betrachtungen

2.1. Position der Bundeszentrale für Politische Bildung

Die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung begreift Gemeinwohl als „das allgemeine Wohl betreffend“, dass in pluralistischen, offenen Gesellschaften immer von den Interessen und Zielen derjenigen abhängig ist, die sich auf das Gemeinwohl berufen. Obwohl es allgemein gesehen das gemeinsame Gute zweifellos gibt, bleibt strittig, a) ob sich das jeweils konkrete Gemeinwohl lediglich als Summe der indi­viduellen Interessen ergibt oder ob es eine eigene spezifische Qualität hat und b) ob erst rückblickend (ex post) oder bereits vorher (ex ante) festgestellt werden kann, ob ein konkretes Vorhaben dem Gemeinwohl tatsächlich dient. Das Gemeinwohl ex ante zu bestimmen, kann zur Bevormundung freier Menschen führen. Es stellt sich stets die Frage, ob politische Maßnahmen letztlich wirklich dem Gemeinwohl dienen (vgl. Schubert, Klein 2018).

Ein Problem des Gemeinwohls oder der „gesellschaftlichen Wohlfahrt“ ist seine mangelnde Operationalisierbarkeit (vgl. Wirtschaftslexikon24.com 2021). Der Ge­meinwohlbegriff ist umso mehr umstritten, je weniger er Leerformelcharakter be­sitzt, d. h. je weniger er als Beschwichtigungsformel bei der Durchsetzung spezieller Interessen eingesetzt werden kann, je schärfer er also inhaltlich umrissen wird. Im Ringen zwischen Kollektiv- und Individualprinzip begreift das Kollektivprinzip Ge­sellschaften als organische Gebilde und erkennt dem Kollektiv einen Selbstzweck mit mehr oder weniger erkennbaren Normen für politisches und somit auch wirt­schaftspolitisches Handeln zu.